Medizin & Ernährung

Von der Epidemie zur Pandemie: Keime ohne Grenzen

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Die aktuelle Ebola-Epidemie in der Demokratischen Republik Kongo ist noch nicht gestoppt, bis Mitte Oktober starben 142 Menschen.

Ebola wirkt dramatisch, ist aber nur eine Gefahr von vielen. Was uns sonst noch drohen kann? Das diskutierten Experten auf zwei Konferenzen in Berlin: beim Weltgesundheitsgipfel und dem Grand Challenges Meeting.

Gesundheit ist ein Menschenrecht. Das betonte WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus auf Deutsch, bevor er auf Englisch weitersprach. Der Äthiopier, ein studierter Immunologe, ist der erste Afrikaner, der dieses hohe Amt der Weltgesundheitsorganisation bekleidet, und am vergangenen Dienstagabend gehörte er einer illustren Runde von Rednern aus Politik und Wissenschaft an, die den „World Health Summit 2018“ in Berlin mit dem „Grand Challenges Annual Meeting“ verknüpfte. Beides internationale Konferenzen, die sich keinen einfachen Themen widmeten, doch ungemein wichtigen. Diese führten mit Bill Gates und Detlef Ganten nicht nur die jeweils treibenden Kräfte aufs Podium, sondern außer dem WHO-Generalsekretär auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Norwegens Premierministerin Erna Solberg, die französische Forschungsministerin Frédérique Vidal sowie den Onkologen und Unternehmer Ugur Sahin.

Spätestens nach diesem Abend sollte eigentlich jeder Teilnehmer in Berlin verstanden haben, dass es bei weitem nicht genügt, lediglich auf Epidemien zu reagieren, wie zum Beispiel auf den aktuellen Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo. Welche grundsätzlichen Entwicklungen notwendig sind, ließ sich auf den beiden aufeinanderfolgenden Berliner Konferenzen erkunden, wo mehr als 2000 Fachleute zusammentrafen. Sie verbreiteten eine Atmosphäre, in der Ganten eine „neue Energie im Bereich der Weltgesundheit“ ausmachte. Schließlich brauche es beste Wissenschaft und Innovationen, aber zugleich Enthusiasmus und Optimismus.

Kampf gegen Krankheitserreger und Pflanzenschädlinge

Natürlich ist es auch immer eine Frage des Geldes. So versprach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, die Weltgesundheitsorganisation in den nächsten vier Jahren mit 115 Millionen Euro aus seinem Etat zu fördern, um ihr durch diese freiwillige Zusicherung den Rücken zu stärken. Doch in erster Linie beschäftigte man sich fast eine Woche lang intensiv mit Pandemien, Impfstoff- sowie Medikamentenentwicklung, Kindesernährung, Schulbildung, Gewalt gegen Frauen, Pflanzenzüchtung, Ackerbau, Klimawandel und ähnlichem mehr. Selbst wer sich bisher noch nie mit Cassava-Pflanzen alias Maniok beschäftigt hatte, konnte hier ihre Bedeutung begreifen, nachdem die Virologin Angela Eni aus Nigeria in einem Vortrag erklärte, dass Viren deren Wurzelknollen befallen können und damit die Nahrungsgrundlage von etlichen Millionen Menschen bedrohen. WAVE heißt ein Forschungsprogramm, das diese Plage nach Möglichkeiten aufhalten soll- es ist ein Akronym für „West African Virus Epidemiology“, und zu den Förderern zählt wie so oft in diesem Forschungsfeld die Bill & Melinda Gates Foundation, die zudem die öffentliche Aufmerksamkeit auf solche von den Industrienationen oft vernachlässigten Themen lenkt und dafür sorgt, dass sowohl Regierungen als auch Wirtschaftsunternehmen und Medien eingebunden sind.

Die Gates-Stiftung war es auch, die im Jahr 2003 dazu aufgerufen hatte, die „Grand Challenges“ im Bereich von Gesundheit und Entwicklung in Angriff zu nehmen, angelehnt an die einst von dem deutschen Mathematiker David Hilbert proklamierten Probleme seines Fachs. Fünfzehn Jahre sind mittlerweile vergangen, und gemeinsam mit Partnern gewährte man schon beinahe 3000 Förderungen in neunzig Ländern. Unter den Begünstigten sind neben WAVE auch einige Projekte an deutschen Universitäten, Instituten und Firmen zu finden, die Entwicklungshilfe auf wissenschaftlicher Ebene betreiben, sei es durch verbesserte Getreidesorten oder neuartige Vakzine. In Berlin stellte Trevor Mundel von der Gates-Stiftung jetzt einen weiteren „Call to Action“ vor: Es locken 100.000 Dollar Förderung beziehungsweise die doppelte Summe, um die man sich im Anschluss des Treffens bis zum 19. November 2018 bewerben kann. Mit einer Idee, die bestehende Probleme lösen könnte, und einem Vorschlag für Kooperationen. Und allein dadurch, dass jeder Konferenzteilnehmer ein Namensschild tragen muss und Unterlagen erhält, werden Hilfsprojekte unterstützt: HIV-infizierte Frauen in Südafrika (www.kidzpositive.org) hatten die funkelnden Perlenbänder geknüpft, die nun alle schmückten, während sie ihre Papiere in hübschen Stofftaschen aus Tansania verstauten, die Frauen im Mabinti Centre fertigten.