Leib & Seele

MeTwo-Debatte: Nix Ni Hao

• Bookmarks: 1


Ubin Eoh, 30 Jahre alt, wurde als Tochter südkoreanischer Einwanderer in Berlin geboren. Sie wuchs in Kreuzberg auf und pendelt heute zwischen Berlin und Frankfurt.

Komplimente fürs akzentfreie Deutsch, Beschwerden übers asiatische Essen, unverfrorene Anmache: Unsere Autorin muss sich in Zügen, Restaurants und Taxis einiges anhören.

Shang,Hi!

In einer Kunstinstitution in Berlin, während eines relativ spannenden Vortrags. Ein Mann um die 60 tippt mich an, lächelt und haucht in mein Ohr: „Entschuldigen Sie, sind Sie Shang aus Südkorea?“ Ich: „Nein.“ Er: „Also sind Sie nicht Shang aus Südkorea?!?!“ Ich: „Nein!“ Er: „Also kennen wir uns nicht von Facebook?“ Ich: „NEIN.“ Er: „Sicher, dass wir uns nicht hin und her geschrieben haben?“ Ich: „NEIIIN.“ Er (mit skeptischem Gesicht): „Komisch, dann ist das wohl ein Irrtum.“ Ich: „Ja, genau.“ (Ich bin froh, dass er zum Weggehen ansetzt und ich mich dem Vortrag widmen kann.) Dann dreht er sich nochmal um: „Also waren Sie nicht letzte Woche bei der Ausstellung im Kulturzentrum?“ Ich: „NEIN! Auf keinen Fall!!!“ Er: „Also sind Sie nicht die Shang, mit der ich mich hier über Facebook verabredet habe? Ich war mir so sicher!“ OKAYYYY, dann bin ich eben Shang. Darf Shang jetzt den Vortrag hören und in Ruhe gelassen werden?! Danke.

Ni Hao

Im ICE Berlin-Frankfurt: Schaffner kommt, fragt meinen Sitznachbarn nach seiner Fahrkarte. Ich habe meine bereits gezückt. Der Schaffner guckt mich verschwörerisch an und ruft: „Ni Hao!“ Ich: „Nein.“ Er blickt mich ungläubig, aber immer noch erwartungsvoll stolz an: „Wie nein? Nix Ni Hao?“ Ich: „Nein.“ Er: „Aber das heißt doch ‚Hallo‘ in Ihrer Sprache!“ Ich: „N-E-I-N. Das ist chinesisch, ich verstehe das nicht.“ Er: „Hm, okay. Was anderes hab‘ ich leider nicht drauf.“ Wie wär’s einfach mit: „Fahrkarte bitte“?! (#selbernihao)

Neujahr in Nordkorea

Anruf beim Aboservice einer renommierten Zeitung zwischen den Jahren. Ein besonders eifriger Zeitgenosse geht ran: „Schönen guten Tag! Ihr Name?“ „Ubin Eoh.“ „Oha – kommen Sie aus Afrika? Uhbienn E-oh?“ „Nein, das ist ein koreanischer Name. Ich möchte dann bitte mein Probe-Abo kündigen.“ – „Das ist doch kein koreanischer Name!“ – „Doch. Ist halt die eingedeutschte Schreibweise. Könnte ich nun bitte mein Abo kündigen?“ – „Hab‘ ich ja noch nie gehört, so einen Namen. Wieso wollen Sie sich der geistigen Bereicherung denn entziehen? Haben wir etwas falsch gemacht?“ – „Nein, ich habe die Audio-App, das reicht mir.“ – „Ah, okay, verstehe. Na dann alles Gute! Feiern sie denn Neujahr in Nordkorea?“ (#vollsüssaber)

Zart Gebaut

Abenteuer Bordbistro im ICE, Strecke Berlin-Frankfurt. Viele freie Plätze, aber ein älterer Herr im Anzug mit Peer-Steinbrück-Gesichtsausdruck setzt sich an meinen Zweiertisch und wird für die nächsten vier Stunden meines Lebens mein Gegenüber sein. Ist ja okay. Ich habe auch die ersten 15 Minuten erfolgreich hinter mich gebracht, ohne zu sprechen, Blick vergraben im Bildschirm. Dann aber niest er heftigst, und ich sage „Gesundheit“ (aus Reflex, ich weiß, neuer Knigge und so). Das sieht er als Anlass, mich anzustrahlen und zu sagen: „Darf ich Sie mal was fragen: Woher kommen Sie?“ In meinem Kopf rattert es. Er fragt das vermutlich, weil er a) nett und interessiert ist, b) gerade in Asien gewesen ist und mir auf seinem Computer eine Diashow zeigen möchte, c) „Asia-Frauen-Connaisseur“ ist, d) gerade in einem „Asia-Restaurant“ gewesen ist oder e) weil ich so „akzentfreies Deutsch“ spreche. Bingo! Es waren d) und e). Folgender Zusatz bei d): „Die Portionen in dem Restaurant waren wirklich groß, für Sie wahrscheinlich zu groß, so zart gebaut wie Sie sind.“ Ich sage nie wieder „Gesundheit“ zu einem Fremden.