Eurokrise

F.A.Z. exklusiv: CSU kritisiert Merkels EZB-Taktik

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Möchte die Kanzlerin den Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann an die Spitze der EZB bringen?

Möchte die Kanzlerin lieber, dass ein Deutscher die Europäische Zentralbank führt oder die EU-Kommission? Politiker der CSU und der Opposition werben nun für Jens Weidmann.

Die Überlegungen im Kanzleramt, statt der Kandidatur von Bundesbankchef Jens Weidmann für die Spitze der Europäische Zentralbank lieber auf einen deutschen Politiker als EU-Kommissionschef zu setzen, stoßen in der Unionsfraktion auf Kritik. Der Vizevorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans Michelbach, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Mit Planspielen, wie sie jetzt zu lesen sind, kann man sich leicht ins Abseits manövrieren und steht dann am Ende mit leeren Händen da.“

Deutschland müsse seine Interessen klar definieren und danach handeln. Er warb für Weidmann als nächsten EZB-Präsidenten, wenn Mario Draghi nächstes Jahr ausscheide. Man brauche an der Spitze der EZB jemanden, „der für eine glaubhafte Abkehr von der Politik des billigen Geldes steht“, sagte Michelbach, der Finanzobmann der Unionsfraktion ist.

Altmaier, Weber, von der Leyen?

Auch der FDP-Fraktionsvize Christian Dürr warb für Weidmann. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel attackierte Kanzlerin Merkel. Die Kanzlerin lasse Weidmann aus machtpolitischen Spielchen fallen. „Für ihren Wahlkampf innerhalb der EVP-Fraktion opfert sie leichtfertig einen echten Kurswechsel an der Spitze der EZB“, sagte Weidel der F.A.Z. – Draghi stehe für einen geldpolitischen „Harakiri-Kurs“.

Jüngst waren Überlegungen aus dem Kanzleramt öffentlich geworden, wonach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Strategie geändert habe und keinen deutschen Anspruch auf die EZB-Spitze anmelden wolle, wenn Draghis Amtszeit nächstes Jahr endet. Stattdessen ziehe sie es vor, einen deutschen Spitzenkandidaten in der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl im Mai 2019 zu installieren, der dann EU-Kommissionschef werde.

Genannt wurden als mögliche Kandidaten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) und Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Merkel sagte dazu, es sei noch nichts entschieden. Beobachter schätzen, dass Weidmanns Chancen drastisch gesunken sind.

Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold sagte der F.A.Z., Weidmann warne zu Recht vor den Gefahren lang andauernder expansiver Geldpolitik. Er sei aber in Südeuropa ein rotes Tuch und könnte kaum europaweit für Zustimmung zur EZB sorgen.