Gesellschaft

Krankheiten in Afrika: Die Rückkehr der Seuchen

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Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, macht sich nach seinem Besuch im Katastrophengebiet in Kongo noch größere Sorgen als vorher.

In Kongo wüten außer Ebola auch noch Cholera und Kinderlähmung. Hoffnung im Kampf gegen Ebola macht nun ein neues Medikament.

Er habe sich ja vor Antritt seiner Reise ins Katastrophengebiet schon Sorgen gemacht, sagte der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, vor kurzem. Seit er sich im Osten von Kongo umgesehen habe, sei er „richtig in Sorge“. Anfang August hatte das Gesundheitsministerium des riesigen Landes Ebola-Alarm ausgelöst. Gut zwei Wochen später waren mindestens 50 Personen tot, sieben weitere Infektionsfälle bestätigt. Und täglich werden es mehr.

Das Epizentrum des Ausbruchs, von Fachleuten auch „Hot Zone“ genannt, ist das Dorf Mangina, rund 30 Kilometer von der Großstadt Beni in der Provinz Nord-Kivu entfernt. Mindestens ein Fall wurde mittlerweile aus der Nachbarprovinz Ituri gemeldet. Ebola grassiert also ausgerechnet in jener Gegend, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast ausschließlich durch Berichte über Massaker Schlagzeilen machte. Dort führen marodierende Soldaten und außer Kontrolle geratene Milizen archaische Schlachten, die an die Gemetzel des Dreißigjährigen Kriegs erinnern. Mehr als 100 bewaffnete Banden sollen hier ihr Unwesen treiben, Hunderttausende Menschen schon getötet worden sein.

Cholera wütet in Fiebersümpfen

Die Städte sind halbwegs sicher, in die Wälder aber traut sich seit langem kaum noch ein Fremder. Ausgerechnet dort sollen Ärzte und Wissenschaftler eine der tödlichsten Krankheiten bekämpfen. Das Szenario fasst die WHO so zusammen: „Nord-Kivu und Ituri gehören zu den am dichtesten besiedelten Provinzen des Landes, sie teilen Grenzen mit Uganda und Ruanda, leiden unter Konflikten und Unsicherheit. Hier wurden eine Million Menschen vertrieben, die entweder noch im eigenen Land umherirren oder in die Nachbarstaaten geflüchtet sind.“

Für das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen handelt es sich um einen „doppelten Albtraum“. Blauhelme, die in der Gegend stationiert sind, sollen die Ebola-Bekämpfer nun in die Krisengebiete eskortieren. Bislang standen die 15 000 Soldaten dem Grauen, das sich im Land abspielt, eher passiv gegenüber.

Ebola ist nicht die einzige Seuche, die das gewaltige Land zwischen der Kongo-Mündung im Westen und dem Kivusee im Osten heimsucht. Mitten in den Fiebersümpfen des Kongo-Beckens, in der Provinz Kasaï-Oriental, wütet die Cholera. Zwar ist die Durchfallerkrankung, deren Erreger 1883 von dem deutschen Mikrobiologen Robert Koch entdeckt wurde, im Land endemisch. Dieses Mal aber ist der Ausbruch besonders schlimm. Der klassische Verlauf beginnt mit Brechdurchfall und heftigen Bauchschmerzen. Durch Flüssigkeitsmangel kann es dann zu Kreislaufversagen und schließlich in Verbindung mit Komplikationen wie einer Lungenentzündung zu einer Sepsis und dem Tod kommen.

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Kinderlähmung sollte bis heute ausgerottet sein

Allein in einer Woche seien 13 Tote in Mbuji-Mayi, der Hauptstadt der Provinz, gezählt worden, berichtet der Gouverneur von Kasaï-Oriental, Alphonse Ngoyi Kasanji. Der Gesundheitsminister der Region, Hippolyte Mutombo Mbwebwe, hat seit Ausbruch der Epidemie 125 Cholera-Tote gezählt. 2100 Menschen würden zurzeit medizinisch behandelt. Besonders betroffen: die Diamanten-Abbaugebiete. Aus Kasaï-Oriental, rund um die Minenstadt Mbuji-Mayi, stammen die meisten Edelsteine des rohstoffreichen Landes.

Andernorts kehrt die Poliomyelitis zurück. Eigentlich sollte die Kinderlähmung, kurz Polio genannt, bis zum Jahr 2018 ausgerottet worden sein, so hatte es die WHO geplant. Doch dann tauchten im Juni 2017 in der Provinz Maniema im Herzen Kongos neue Fälle auf, bislang sind 29 Kinder erkrankt. Ein Fall wurde sogar von der Grenze zu Uganda gemeldet, weit entfernt vom Herd des Ausbruchs, den Michel Zaffran von der Globalen Initiative zur Polio-Ausrottung der WHO als den beunruhigendsten aller Polio-Ausbrüche bezeichnet. Der aktuelle Ausbruch wurde nicht durch Wildviren, sondern durch mutierte zirkulierende Impfviren ausgelöst. Diese können von geimpften Personen ausgeschieden werden, so dass sich Ungeimpfte bei Kontakt anstecken können (Impfpoliomyelitis). Das konnte offenbar geschehen, da in Kongo Gebiete, in denen geimpft wurde, in unmittelbarer Nähe von solchen liegen, in denen das nicht geschah.

Im Einsatz gegen Ebola wird schon ein neuer Impfstoff (rVSV-ZEBOV) eingesetzt, den die Firma Merck produziert hat und der nach der verhängnisvollen Epidemie in Westafrika vor drei Jahren mit rund 11.000 Toten entwickelt wurde. Hoffnung im Kampf gegen Ebola macht nun auch ein Medikament, das nach 1995 entwickelt wurde. Damals überlebte ein Erkrankter im kongolesischen Kikwit die Seuche. Aus seinem Blut wurde ein Wirkstoff entwickelt. Affen hat er gegen Ebola geschützt. Ob er bei Menschen Wirkung zeigt, muss sich erst noch zeigen.