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Concept Sprinter F-Cell: Mit der Brennstoffzelle gegen das Reichweitenproblem

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Mit Wasserstoff ans Meer: Wohnmobil Concept Sprinter F-Cell.

Werden elektrisch-betriebene Autos in Zukunft auch schwere Wohnwagen über eine weite Strecke ziehen können? Mercedes-Benz blickt mit……

Wenn einst alle Welt elektrisch fährt, was wird dann aus der zurzeit so boomenden Branche für Freizeitfahrzeuge? Werden Elektroautos auch Wohnwagen über weite Strecken ziehen können? Tesla hat dieser Redaktion schon zweimal einen entsprechenden Test mit einem Model X und einem Wohnanhänger in letzter Minute abgesagt. Das interpretiere jetzt jeder, wie er will. Und auch mit einem rein elektrischen Wohnmobil will man vermutlich weiter fahren als bis zum nächsten Baggersee.

Dass die Elektromobilität bei allen Fortschritten in der Batterietechnik vor allem bei Fernfahrten noch lange Zeit ein Reichweitenproblem haben wird, ist unbestritten. Als Retter in der Not sehen viele die Brennstoffzelle, in der aus Wasserstoff (und Sauerstoff) Strom erzeugt wird, der wiederum einen Elektromotor antreibt. Mercedes-Benz und andere forschen schon seit Jahren an der Technik, vereinzelt gibt es sie auch schon zu kaufen, bei Toyota, Honda und Hyundai. Mercedes-Benz wird demnächst den GLC F-Cell an „ausgewählte Kunden“ abgeben.

Und jetzt überraschte Mercedes-Benz Van auf einer Veranstaltung in Hamburg, bei der es vordergründig um den rein elektrischen Sprinter und den rein elektrischen Vito gehen sollte, mit der Weltpremiere des Concept Sprinter F-Cell. In Zusammenarbeit mit dem Spezialist Hymer, der sich um das „Wohnen“ gekümmert hat, wurde ein Sieben-Meter-Wagen auf die Räder gestellt, dessen Antriebseinheit eine Brennstoffzelle ist, Die passt inzwischen unter die Motorhaube. Als Mercedes-Benz in den neunziger Jahren mit der Forschung begann, war noch der gesamte Nutzraum des kleinen Lieferwagens „100“ von Technik in Beschlag. Heute nimmt sie kaum noch Nutzraum weg, sieht man von einem zusätzlichen Wasserstoff-Tank ab, der in der Fahrradgarage seinen Platz findet und dort ein bisschen wie eine Notlösung wirkt.

In vier Tanks kann der Sprinter 7,4 Kilogramm Wasserstoff bunkern, jeweils 1,5 Kilogramm in drei länglichen Zylindern, die im Wagenboden liegen – es sind die gleichen Tanks, die für den GLC F-Cell verwandt werden. Dazu kommt der Tank im Heck, der 2,9 Kilogramm fasst. So lassen sich 500 Kilometer Reichweite realisieren. Da der Concept-Sprinter streng genommen ein Hybrid-Auto ist, kommen noch weitere 30 Kilometer dazu. Die stecken in einer relativ kleinen 9,2-kWh-Batterie, es ist ebenfalls die gleiche wie im GLC. Obwohl rein technisch ein Fuel-Cell-Car auch ohne Batterie fahren könnte, wird sie immer verbaut, unter anderem weil sie es möglich macht, die Bremsenergie nicht sinnlos verpuffen zu lassen. Der Motor sitzt direkt an der Hinterachse und hat 147 kW (200 PS). Ließe man den Tank in der Fahrradgarage weg, würde das die Reichweite um knapp 200 Kilometer reduzieren.

Die Brennstoffzelle gehört zur elektrischen Zukunft

Christian Mohrdieck, der bei Daimler für die Brennstoffzellen-Entwicklung verantwortlich ist, sieht die Technik heute an sich als ausgereift, nur sei sie noch zu teuer für den Endkunden. Es sei aber jetzt gelungen, das so kostenintensive Platin, das in der Brennstoffzelle gebraucht wird, drastisch zu reduzieren. Es sei jetzt nicht viel mehr von dem Edelmetall im Einsatz wie in einem Dreiwege-Katalysator, sagt Mohrdieck. Die Menge an Platin sei gegenüber der alten Generation um 90 Prozent reduziert. Sehr aufwendig seien auch die Tanks, die 700 bar Druck aushalten müssen und deshalb immer in zylindrischer oder runder Form sind. Beliebige Formen wie bei Benzin sind nicht möglich.

Da sich aber Wasserstoff mehr oder weniger tanken lässt wie Benzin, gibt es auch kein Reichweiten- oder Ladeproblem- das ist der große Charme der Technik. Doch das setzt genug Tankstellen voraus. Daran hapert es noch, das muss auch Mohrdieck zugeben. Knapp 50 Tankstellen gibt es zurzeit in Deutschland, in den nächsten Jahren soll das Netz aber bis auf 400 Stationen wachsen. So ist der Plan, an dem ein Gemeinschaftsunternehmen aus Mineralölfirmen (Shell, OMV, Total), den Wasserstoffspezialisten Linde und Air Liquide sowie Daimler arbeitet. Daimler ist der einzige Autohersteller, der direkt engagiert ist. Assoziiert sind unter anderem BMW, Volkswagen und auch Hyundai, Honda und Toyota. Man plane das Netz gemeinsam. Auch für den Bund gehört die Brennstoffzelle zur elektrischen Zukunft, die Hälfte der Kosten für das Erstellen einer Wasserstofftankstelle trägt momentan die Staatskasse.

Wann es einen Brennstoffzellen-Sprinter zu kaufen gibt? Mohrdieck lässt das offen. Aber der elektrische Sprinter als Lieferwagen, der kommt schon 2019. Reichweite: maximal 150 Kilometer. Für den Verteilerverkehr soll das aber absolut ausreichend sein.