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Modekette in der Krise: Warum H&M auf seinen Klamotten sitzen bleibt

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H&M macht deutlich weniger Gewinn.

Die schwedische Modekette H&M trifft den Geschmack der Kunden nicht mehr und steckt tief in der Krise. Viele Dinge macht die……

Die schwedische Textilkette Hennes & Mauritz (H&M) kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus. Der ehemalige Preisführer der Branche trifft den Geschmack seiner Kundschaft nicht mehr. Deswegen belasten hohe Lagerbestände an schwer verkäuflichen Waren das stationäre Geschäft in verschiedenen Ländern. Damit nicht genug: Um den Vorsprung der Konkurrenz im Onlinehandel aufzuholen, will H&M das Geschäft per Internet eng mit seinem Filialnetz verzahnen. Doch die hohen Investitionen, die in die Infrastruktur erforderlich sind, greifen noch nicht.

Die Folgen des teuren Konzernumbaus sind in der aktuellen Bilanz abzulesen, die das von der Inhaberfamilie Persson geführte Unternehmen am Donnerstag in Stockholm vorgelegt hat. Während sich der Umsatz um 1,6 Prozent auf rund 6 Milliarden Euro im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres leicht erhöhte, brach der Vorsteuergewinn um 22 Prozent auf 6,01 Milliarden Kronen (579,5 Millionen Euro) ein. Vorstandschef Karl-Johan Persson erklärte den Ergebniseinbruch mit hohen Lagerbeständen in den Filialen sowie Belastungen in Schlüsselmärkten wie Nordamerika, Frankreich oder Italien, die aus der Umstellung der nationalen Logistiksysteme resultierten. „Das erste Halbjahr war schwieriger, als wir dachten, aber wir glauben, dass es eine allmähliche Verbesserung gibt und dass wir eine stärkere zweite Hälfte sehen“, gab sich Persson bei Zahlenvorlage dennoch optimistisch.

390 neue Läden, 150 werden geschlossen

An der Börse zeigte die Zuversicht des Managements jedoch keine Wirkung. Die Aktie von H&M steht seit Monaten unter Druck und verlor am Donnerstag abermals mehr als vier Prozent. H&M stellt derzeit seine Logistiksysteme um. Der Modekonzern wurde einst als Vorreiter für preiswerte „Fast-Fashion-Mode“ gefeiert. Doch diesen Nimbus haben die Schweden unter Kunden und Investoren längst verloren. So büßte H&M bereits im vergangenen Jahr ein Drittel seines Börsenwerts ein.

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Sorgen bereitet Aktionären vor allem die Tatsache, dass der Betreiber von bis zu 5000 Ladengeschäften in der Welt gerade in Schlüsselmärkten wie Deutschland oder Frankreich immer öfter auf seinen Klamotten sitzenbleibt. Die Folge sind hohe Lagerbestände, die sich nur über „hohe Rabatte für die Ladenhüter mühsam abbauen lassen“, beschreibt ein Kenner die Misere.

Persson will den Abwärtstrend in den kommenden Monaten stoppen. In einigen Märkten habe sich der Umsatz positiv entwickelt, etwa in Schweden, Norwegen, Dänemark und Osteuropa, sagte er am Donnerstag. „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass unsere digitalen Investitionen und Verbesserungsarbeiten Früchte tragen“. Der H&M-Chef kündigte zudem im laufenden Jahr die Eröffnung von rund 390 neuen Läden an. Im Gegenzug würden 150 Standorte geschlossen, die unprofitabel sind oder nur eine dürftige Rendite vorweisen.

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Influencer statt großflächige Werbung

Die Entwicklung bei H&M steht im Kontrast zum Siegeszug des Rivalen Inditex. Der spanische Betreiber der Modemarken Zara, Massimo Dutti, Bershka oder Pull & Bear kann sich in dem durch den wachsenden Onlinehandel hart umkämpften Markt besser behaupten. Die Spanier binden Verkäufe über das Internet stärker in das eigene Geschäft ein. Zudem können sie durch die Fertigung eines Großteils der Waren in Europa schneller auf neue Trends reagieren. So konnte die Muttergesellschaft von Zara zuletzt mit ihren rasch wechselnden Kollektionen einen Gewinnanstieg verbuchen. Im Gegensatz dazu gingen allein in den 461 deutschen H&M-Filialen in der verkaufsstarken Zeit zwischen Anfang Dezember und Ende Februar die Umsätze um sechs Prozent zurück – was die Margen und die für den Handel relevante Kennziffer der Flächenproduktivität nach Schätzungen halbiert hat.

Vor allem in der jungen Generation ziehen längst nicht mehr Ladengeschäfte in der Fußgängerzone, sondern die rasch wachsenden Internetversender wie About You, NA-KD oder Boohoo immer mehr Kunden an. Ihre Käuferinnen und Käufer erreichen sie nicht über großflächige Werbung, sondern über starke Präsenz in sozialen Medien. Dabei hat die enge Zusammenarbeit mit den dort aktiven „Influencern“, die als geschickte Werbebotschafter für diverse Produkte aktiv sind, höchste Priorität. Daneben haben sich Konkurrenten wie Primark oder TK Maxx als Preisbrecher im Modesegment etabliert. „Die Masche, Käufer mit schneller Mode zum kleinen Preis zu ködern, funktioniert in diesem Umfeld nicht mehr“, sagt ein Berater des Konzerns.

Solange das Geschäft von H&M florierte und hohe Gewinne flossen, äußerte sich die Chefetage selten zur Strategie. Doch nach den Tiefschlägen von H&M im Tagesgeschäft und den Negativschlagzeilen über ein rassistisch anmutendes Werbemotiv vor wenigen Monaten wagt sich die Führung zunehmend aus der Deckung. Hoffnungen auf eine schnelle Trendumkehr macht Vorstandschef Karl-Johan Persson jedoch nicht: „Die Veränderungen in der Industrie fordern alle heraus“, versucht er Kritiker zu beschwichtigen. Der Negativtrend werde sich daher im Gesamtjahr fortsetzen.