Essen & Trinken

Flugzeug-Caterer: Unten kochen, oben essen

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Jede Portion muss identisch aussehen, hier ein Schwarzfederhuhn mit Reis

Hinter den Kulissen bei Deutschlands größtem Flugzeug-Caterer…

Eine Cocktail-Tomate rechts, eine links, eine oben. Dann, ohne hinzuschauen, ein Griff in den Zehn-Liter-Eimer mit Gurkenscheiben. Langsam, aber stetig ziehen die weißen Salatschalen an Schichtleiter Lars Zinserling vorbei. Wenn viel zu tun ist, springt er am Fließband ein, wo vor ihm gerade seine Kollegen eine Handvoll Blattsalat, zwei Stücke Ei und je eine Handvoll Käse- und Schinkenstreifen verteilt haben. Alle hier tragen Haarnetz und blaue Gummihandschuhe und schauen konzentriert nach unten auf das Fließband, wo in Zweierreihen die Salatschalen vorbeifahren.

Eine große Herausforderung bei der Produktion von Essen fürs Flugzeug: Alle Schalen und Tellerchen, die auf dem Tablett landen, müssen exakt gleich aussehen. „Über den Wolken ist viel Zeit zum Vergleichen“, erklärt Schichtleiter Lars Zinserling, während er die letzten Salate der Frühschicht mit einer Plastikhaube verschließt und in einem rollenden Regal verteilt. 1000 Salate sind jetzt bereit fürs „Ausdecken“, so wird hier die Zusammenstellung der Tabletts fürs Flugzeug genannt.

Seit 17 Jahren arbeitet Lars Zinserling für LSG Sky Chefs, einen der größten Flugzeug-Caterer der Welt. Alleine hier in Frankfurt am Main, direkt am größten deutschen Flughafen, gibt der gelernte Koch mit seinen Kollegen in der Hauptsaison im Sommer täglich bis zu 120 000 Essen raus, eine kulinarische, aber vor allem logistische Herausforderung. Täglich werden 300 Paletten Lebensmittel angeliefert, an vier Warenannahmen fahren von frühmorgens bis zum Nachmittag Lastwagen vor.

Für diese Mengen sind die Kühlhäuser der LSG Sky Chefs erstaunlich klein: sechs Räume, jeder nicht größer als ein Wohnzimmer, dazu im Flur große Regale mit Säcken voller Mehl, Zucker und Reis. Frische Zutaten lagern nie länger als eineinhalb Tage und werden jeden Tag neu geliefert. In einem der langen Regale stehen gleich acht verschiedene Sorten Sojasaucen. Denn wie die ganze Luftfahrtbranche ist auch das Cateringgeschäft international. Auf Flügen von und nach Asien gibt es immer auch ein landestypisches Gericht zur Auswahl, dafür arbeiten bei LSG Sky Chefs Köche aus der ganzen Welt. Insgesamt sind bei den Mitarbeitern 55 Nationen vertreten.

Am wichtigsten ist der Geschmack

Das beste Essen über den Wolken sei das indische, erklärt Schichtleiter Zinserling. Mit einer Art Spaten rührt er in einem Kochtopf, der so groß ist wie eine Regentonne, während der indische Koch große Platten mit Kürbisstücken in die gelbe Masse kippt. Indisches Curry erfülle alle Kriterien eines guten Flugzeugessens. „Es muss portionierbar sein und aufgewärmt gut schmecken, denn wir kühlen das Essen noch vor dem Anrichten runter. Es wird erst an Bord des Flugzeugs wieder erwärmt“, erklärt er und übergibt den etwa einen Meter langen Kochspaten dem indischen Koch. Die Köche, die die jeweiligen Gerichte für Economy, Business und First Class kreieren, lassen alles vorab auch über den Wolken testen. Ein Salat, erzählt Lars Zinserling, sei dabei mal durchgefallen. „Der sollte hier schon mariniert werden und ist dann natürlich zusammengefallen, bis er an Bord war.“ Dieser Salat sei deshalb nie für Passagiere produziert worden.

Am wichtigsten ist natürlich der Geschmack. Wegen des unterschiedlichen Luftdrucks sei der über den Wolken tatsächlich anders, erklärt Lars Zinserling. „Salziges schmeckt in der Höhe 20 bis 30 Prozent weniger salzig, wohl ein Grund, warum an Bord viele Gäste Tomatensaft bestellen und mit viel Salz und Pfeffer würzen.“ Vor acht Jahren hat die Lufthansa zum Geschmack in Reiseflughöhe eine Studie in Auftrag gegeben, mit erstaunlichen Ergebnissen. Aufgrund des Luftdrucks schmeckt demnach über den Wolken auch Bitteres weniger intensiv. Deshalb verwenden die Flugzeug-Caterer mehr Bitterschokolade im Nachtisch. Der weniger intensive Salzgeschmack werde aber nicht durch mehr Salz im Essen aufgefangen, das ist Zinserling wichtig. Stattdessen verwende er mehr Kräuter und Gewürze für den guten Geschmack. Dass dieser nicht nur durch den Luftdruck, sondern auch durch den Lärm an Bord stark beeinflusst wird, zeigt eine Studie der Cornell University aus dem Jahr 2015. Demnach schmeckt man bei den im Flugzeug üblichen 85 Dezibel Süßes viel weniger als unter Normalbedingungen. Dafür könnte den Forschern zufolge die Interaktion der Geräusche mit einem Nerv im Ohr verantwortlich sein.