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Plattform für Steuererklärung: Ein Sieg für den Datev-Chef

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Robert Mayr, Vorstandsvorsitzender der Datev.

Die Branchengenossenschaft für Steuerberater kann – nach langer Debatte – mit ihrem geplanten Internetportal für 13 Millionen Deutsche……

Datev-Chef Robert Mayr dürfte am Freitagnachmittag in der Nürnberger Meistersingerhalle mehr als einmal erleichtert aufgeatmet haben: Eine Vertreterversammlung der Steuerberatergenossenschaft stimmte einer Änderung der Satzung zu, die dem Vorstand weitreichende Änderungen im Geschäftsbetrieb erlaubt. Die Datev kann sich nun für Millionen Deutsche öffnen, über ein sogenanntes Steuerbürgerportal im Internet. In den vergangenen Monaten war um diesen Strategieschwenk innerhalb der Organisation eine erbitterte Debatte entbrannt.

Worum geht es? Mayr ist fest davon überzeugt, dass die Digitalisierung auch an so traditionsreichen Berufen wie Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern nicht vorbeigeht. „Die digitale Transformation ist ein Game-Changer“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, die die Branche mit Spezialsoftware und IT-Dienstleistungen versorgt. Vor allem manuelle Tätigkeiten würden durch Automatisierung und Maschinen übernommen. Mayr erwartet einen Wandel des Berufsstandes, weg vom reinen Steuerdeklarator hin zum Berater der Kundschaft. In diesem Szenario hat der 51-Jährige auch der eigenen Genossenschaft einen Wandel verordnet: eine Öffnung für das breite Publikum. Privatleute sollen künftig über ein Datev-Portal online ihre Steuererklärung machen können. Kritiker warfen Mayr vor, die Genossenschaft mache den eigenen Mitgliedern Konkurrenz.

Am Freitag gab die Vertreterversammlung nun ihr Plazet für die Satzungsänderung, nachdem eine erste Abstimmung im Februar knapp gescheitert war. 79,36 Prozent votierten jetzt für die Satzungsänderung. Sie öffneten damit, wie es im Genossenschaftsjargon heißt, den „Geschäftsbetrieb mit sonstigen Nicht-Mitgliedern“.

Mayr sieht die Datev nun auf „Zukunftskurs“. Seit gut zwei Jahren steht er an der Spitze der Organisation, die 40 500 Mitglieder zählt, 7300 Mitarbeiter beschäftigt und demnächst die Umsatzmilliarde knacken will. Ihn besorgt das Wachstum der Internetportale: Plattformen wie Uber oder Airbnb, die als Vermittler immer mehr Umsatz an sich ziehen. „Wir sehen disruptive Gefahren, indem sich Plattformanbieter zwischen althergebrachte Kunden- und Lieferantenbeziehungen drängen.“ Im Augenblick stelle man vermehrt fest, dass sich Online-Anbieter zwischen den Steuerberater und seine Mandanten drängen. Diesen Start-ups will die Genossenschaft Paroli bieten, indem sie das eigene Geschäft ausweitet.

Für das Datev-Steuerportal im Internet peilt der Vorstand eine Zielgruppe von 13 Millionen Deutschen an: diejenigen nämlich, die bislang noch keinen Steuerberater haben. Über die Online-Plattform will die Datev die Kunden in spe letztlich den eigenen Mitgliedern zuführen. Dann nämlich, wenn die Steuererklärung komplizierter wird, beispielsweise Vermietung oder Erbschaftsfälle umfasst und schließlich ohne Berater schwer zu bewältigen ist. Verzichte man auf ein eigenes Angebot dieser Art, kämen die jungen „Digital Natives“ zu anderen Plattformanbietern und seien damit für die Datev-Genossen verloren.

Mayr hatte den Genossen für die neuerliche Abstimmung zusätzliche „Leitplanken“ zugesichert, um den Förderauftrag gegenüber den Datev-Mitgliedern stärker zu betonen. Einige Steuerberater hatten die Angst geäußert, mit der angestrebten Satzungsänderung könne die Datev den Mitgliedern wirtschaftlichen Schaden zufügen. Diesen Befürchtungen trat Mayr mit der Versicherung entgegen, es gehe nicht darum, Geschäftsfelder außerhalb des Berufsstandes zu etablieren.

Für die Neukunden soll das Portal als „eine Art Partnervermittlung“ funktionieren. Steuerberater haben die Möglichkeit, sich mit ihren Kanzleiprofilen – zum Beispiel nach Nähe oder Spezialisierung – zu positionieren. Der Steuerpflichtige gibt laut Datev ein, was er sucht, und dann wird automatisch ermittelt, mit welchem Steuerberater das am besten zusammenpasst. Zumindest mit ihrer Marke kann die Organisation punkten. Die Datev erledigt schon heute für mehr als zwölf Millionen Bundesbürger Monat für Monat die Lohn- und Gehaltsabrechnungen, sie gilt als Pionier des Cloudcomputings, und sie ist der drittgrößte Anbieter von Geschäftssoftware in Deutschland.