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Nach Rücktritt von Amber Rudd: Sajid Javid wird neuer britischer Innenminister

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Premierministerin Theresa May will einen „harten“ Brexit, die Abgeordneten im Parlament nicht.

Nach dem Skandal um karibische Einwanderer hat Amber Rudd ihr Amt als Innenministerin aufgegeben – eine Schlappe für Premierministerin May. Nun steht der Nachfolger Rudds fest.

Der bisher für Kommunen zuständige Minister Sajid Javid wird neuer Innenminister in Großbritannien. Das bestätigte ein Regierungssprecher am Montag der Nachrichtenagentur dpa in London. Er folgt damit der zurückgetretenen, EU-freundlichen konservativen Politikerin Amber Rudd. Sie hatte am Sonntagabend wegen ihres Verhaltens im Skandal um Einwanderer aus der Karibik ihr Amt aufgegeben. Premierministerin Theresa May habe das Angebot der 54 Jahre alten Politikerin in einem Telefonat angenommen, teilte ein Regierungssprecher am Sonntagabend in London mit.

Rudd war für ihre Aussagen zur sogenannten Windrush-Generation scharf kritisiert worden. So werden karibische Einwanderer bezeichnet, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf Einladung der Regierung in London nach Großbritannien kamen. Sie wurden als Arbeitskräfte gebraucht.

Widersprüchliche Aussagen

Die Immigranten und ihre Nachfahren hatten teilweise Probleme, ihr Aufenthaltsrecht nachzuweisen, weil sie nie entsprechende Dokumente erhalten haben. Vielen wurde mit Abschiebung gedroht, Sozialleistungen und medizinische Behandlungen wurden verweigert.

In den vergangenen Tagen war Rudd mit widersprüchlichen Aussagen zu dem Skandal aufgefallen. Kritiker warfen der Politikerin Ahnungslosigkeit vor. Die Opposition hatte ihren Rücktritt gefordert. Die frühere Investmentbankerin war seit Juli 2016 Innenministerin. Als EU-freundliche Politikerin spielte sie auch eine wichtige Rolle im Kabinett beim Abstecken des Brexit-Kurses.

Zum Verhängnis wurde Rudd, dass sie zunächst abgestritten hatte, von Abschiebequoten gewusst zu haben. Kritikern zufolge führte diese Arbeitsweise dazu, dass neben illegalen Einwanderern auch die Mitglieder der Windrush-Generation ins Visier der Behörden gerieten.

Schlappe für Theresa May

In Rudd verliert May eine weitere Vertraute in der Regierung. Es ist der fünfte Rücktritt seit der von ihr angeschobenen Neuwahl im vergangenen Juni, bei der May eine Wahlschlappe erlitten hatte. Seitdem regiert sie nur noch mit hauchdünner Mehrheit.

Verteidigungsminister Michael Fallon und Vize-Regierungschef Damian Green hatten nach Belästigungsvorwürfen ihre Posten aufgegeben. Entwicklungshilfeministerin Priti Patel trat zurück, weil sie sich ohne Absprache im Israel-Urlaub mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu getroffen hatte. Nur ein Rücktritt war nicht von einem Skandal ausgelöst worden: Der britische Nordirland-Minister James Brokenshire gab aus gesundheitlichen Gründen seit Amt auf.

Auch die Premierministerin muss wegen des Windrush-Skandals heftige Kritik einstecken. Die oppositionelle Labour-Partei hält May vor, sie habe in ihrer Zeit als Innenministerin eine „feindliche Umgebung“ für illegale Immigranten geschaffen und damit den Boden für den Windrush-Skandal bereitet. Rudd sei nur ein Bauernopfer.

Der Begriff Windrush-Generation leitet sich von dem Namen eines Passagierschiffes ab, mit dem die ersten Einwanderer aus der Karibik nach Großbritannien gebracht worden waren.