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Weinsuche via App: Mädelsabend oder Grillen auf der Terrasse?

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Weiß oder rot, trocken oder halbtrocken? Ob ein Wein schmeckt oder nicht, sieht man ihm nicht an – da ist Beratung wichtig.

Wer guten Wein für einen bestimmten Anlass sucht, findet Hilfe im Internet. Doch was taugen die Empfehlungen?

Wer einmal in der Weinabteilung weniger auf die Regale vor als auf den Kunden neben sich achtet, erlebt in vielen Fällen eines: Hier sucht jemand die Nadel im Heuhaufen. Und die größte Schwierigkeit ist, dass die nicht einmal aussieht wie eine Nadel. Woran soll der Kunde die richtige Flasche erkennen? Dabei ist sein Auftrag sogar oft sehr eindeutig. Zum Dinner bei Freunden muss ein flüssiges Mitbringsel her. Vielleicht hat er auch selbst zum Grillabend eingeladen. Oder möchte einem Geschäftspartner ein kleines Geschenk machen. Der Anlass ist dem Suchenden klar, der dazu passende Wein nicht. Blamieren möchte sich niemand. Also was tun?

Natürlich kann man einfach zum Fachhändler gehen und seinen Fall schildern. Wer aber lieber online kauft, muss auf Hilfestellung trotzdem nicht ganz verzichten. Denn natürlich haben auch Online-Händler ein hohes Interesse daran, dem von der Vielfalt erschlagenen Kunden einen Wegweiser zu geben. Der Internetshop Xanthurus etwa setzt dabei auf drei Kategorien: feiern, schenken, sammeln. Dass „ein hervorragender Wein für die hervorragende Feier“ laut der Produktliste ein spanischer Rosé für sechs Euro sein kann, aber auch ein Jahrgangschampagner für über 50 Euro, wirkt auf den ersten Blick ein wenig willkürlich. Wobei eine hervorragende Studentenparty sicher auch etwas anderes ist als eine silberne Hochzeit.

Ein weiterer Online-Händler, wine4friends, listet unter „Wein-Zeit“ etwa ein Dutzend Anlässe wie „Zur Party“, „Raus auf Balkon und Terrasse“ oder „Endlich Feierabend“ auf. Wer auf die entsprechende Kategorie klickt, bekommt eine stattliche Auswahl an Weinen vorgesetzt, bei denen es dann freilich wieder gilt, sich zu entscheiden: einen Rosé aus dem spanischen Navarra, einen Weißburgunder aus der Pfalz oder einen portugiesischen Vinho Verde? Wem die vorgeschlagenen Weintypen wenig sagen, der wird sich die knappen Beschreibungen durchlesen müssen. Aber immerhin ist der Rahmen schon deutlich eingeschränkt. Und die Weinvorschläge passen vordergründig zu den angegebenen Anlässen. Doch ob man wirklich Hilfe braucht, um einen Rosé als Terrassenwein zu erkennen?

Empfehlungen sind Geschmackssache

Manche Online-Händler haben neben den Standards wie „Romantisches Dinner“ und „Feiern aller Art“ auch ausgefallenere Anlässe gelistet. Bei Vipino gibt es etwa den „Reparaturwein“, der die Gäste nach einem langen Abendessen mit Weinbegleitung aus ihrem Food-Koma reißen und wieder Leben in die Bude bringen soll. Um Belebendes geht es auch bei ps-wein in der Kategorie „Frühlingserwachen“: Dass dieses nicht mit Rotwein sabotiert werden soll, wird bei einem Blick auf die Auswahl schnell klar. Woran festgemacht wird, was sich als „Geschenk zur Wohnungseinweihung“ eignet, bleibt allerdings ziemlich vage.

Auf mehr Interaktion mit dem Suchenden setzt „Frag’ Henry“. Hierbei handelt es sich um einen personalisierten Verkaufsassistenten, der Schritt für Schritt eine Abfrage vornimmt und dem Kunden dann Vorschläge unterbreitet. In vielen Supermärkten und auch online grüßt dieser Henry mit Baskenmütze, Moustache und Rotweinglas als Bilderbuchfranzose. Warum er dann nicht Henri heißt, bleibt allerdings das Geheimnis des Anbieters.

Bevor Henry in seinem digitalen Gedächtnis nach dem passenden Wein suchen kann, wählt man zunächst den Anlass aus, der hier „Moment“ heißt. Einiges erinnert an die Kategorien von wine4friends, aber es gibt auch „Brotzeit“, „Geselliger Abend“ oder „Erfolgreicher Tag“. Wer für letzteren etwas sucht, muss sich im nächsten Schritt zwischen Weiß-, Rot- und Schaumwein entscheiden. Drückt der Finger auf Weiß, geht es um Geschmacksfragen. Und zwar anhand von zwei Gemälden: Auf jeweils weißem Grund zeigt das eine harmonisch-geschwungene, rot-grün-gelbe Pinselstriche, während das andere auf Ecken, Kanten und gelb-blaue Farben setzt. Nach einigem Zögern senkt sich der Finger schließlich auf das weichere Bild. Überraschenderweise war es das schon, denn es folgen konkrete Vorschläge: drei deutsche Weine, alle drei säuregeprägte Rieslinge, einer aus dem Rheingau, zwei von der Saar. Wer denselben Prozess noch einmal durchläuft, bekommt teilweise andere Weine angezeigt, darunter einen Riesling aus der Pfalz. Anscheinend ist Riesling die ideale Rebsorte, um einen erfolgreichen Tag gebührend zu begehen. Zumindest, wenn man Gemäldetyp A ist.