Mode & Design

Mode und Kunst in Brüssel: „Die Stadt ist noch günstig“

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„It’s my Own“ ist die erste Modeausstellung, die in dem musealen Bau am Nieuwe Graanmarkt im Stadtzentrum gezeigt wird.

Brüssel galt lange als verschlafene Bürokratenhauptstadt. Seit kurzem wächst dort aber eine lebendige Mode- und Kreativszene heran. Was ist passiert?

Auf den ersten Blick erinnert hier alles an eine Wunderkammer, in der nichts so recht zusammen passen mag. Auf wild bemalte, bauchige Vasen im Eingangsbereich, aus denen meterhohe Blumenarrangements wie entrückte Fabelwesen herausklettern, folgt eine Serie von Fotografien- zurückhaltende Porträts von Frauen und Männern jeglichen Alters, die an weiß getünchten Wänden hängen. Eine Leuchtröhreninstallation blinkt friedlich in der Ecke, in einem anderen Winkel laufen Männermodels über Laufstege. Nicht in echt, sondern als Videoprojektion. All diese scheinbar unzusammenhängenden Exponate sind Teil der Ausstellung „It’s my Own. An Everyday Fashion Story“, die noch bis zum 17. Juni 2018 in den Räumlichkeiten von Brüssels Mode- und Designplattform MAD zu sehen ist.

Erst im vergangenen Jahr öffnete der museale Bau am Nieuwe Graanmarkt im Stadtzentrum seine Pforten. „It’s my Own“ ist die erste Modeausstellung, die dort gezeigt wird. Dafür hatte MAD das seit über 20 Jahren in Brüssel lebende ursprünglich aus Frankreich stammende Designerduo Thierry Rondenet und Hervé Yvrenogeau eingeladen, Kleider aus ihrem Archiv auszustellen. Als „Own“ haben sie in den letzten zwei Dekaden gemeinsam Mode für namhafte Häuser entworfen, arbeiteten als Designer unter anderem für Maison Martin Margiela, Balenciaga, Louis Vuitton und zuletzt bei Acne Studios. „Own“, das war von 1998 und 2007 auch ihr eigenes Label, für das sie zunächst Männermode, später auch Frauenmode gestalteten.

Ein Archiv hatten sie allerdings nicht mehr, als die Anfrage von MAD kam. Und überhaupt: „Mode, das ist nicht nur Kleidung. Zu der Welt gehört auch Fotografie und Design, Kommunikation und sogar Musik“, sagt Rondenet. Anstatt einer Retrospektive ihrer eigenen Arbeiten wollten sie lieber etwas Neues aus den alten Kollektionen machen und luden deshalb befreundete Künstler und Designer aus Brüssel dazu ein, die zwei Hände voll Own-Fummel, die sie sich aus den Schränken von Freunden und der eigenen Garderobe zusammenklaubten, weiterzudenken – das erklärt das Wunderkammergefühl.

Im Herzen der Ausstellung sind deshalb nur einige wenige der vorwiegend schwarzen Jacken, Blusen und T-Shirts auf Kleiderständern drapiert, die eigentlich aus quietschbunten Rohren bestehen und hier selbst schon zu abstrakten Skulpturen werden. Drum herum wurden die Neuinterpretationen aufgestellt. Wie zum Beispiel die Vasen der Modedesignerin Mariam Mazmishvili, welche die Stimmung und Farbwelt einer von Owns Kollektionen aufgreifen. Oder die vom Performance-Künstler Thomas Hauser wie Tänzer drapierten, scheinbar in einer Bewegung erstarrten Modepuppen, die Kostüme von Own tragen und von einer Video-Installation der wirklichen Choreografie begleitet werden. Die Arbeit möchte sich als künstlerische Auseinandersetzung mit Material und Bewegung verstanden wissen.

Herausgekommen sind bei „It’s my Own“ also keine ollen Kamellen. Die Ausstellung bietet vielmehr eine gute Gelegenheit für Brüssels Fotografen, Designer und Künstler, gemeinsam an einer interdisziplinären Ausstellung zu arbeiten — und dadurch überhaupt erst eine Verbindung zwischen „Brüssel“ und „kreativ“ herzustellen.