Inland

3500 Einwohner, 600 Chinesen: Fernöstliche Träume in der deutschen Provinz

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Gelebte Integration: Handelszentrum in Hoppstädten-Weiersbach

In Hoppstädten-Weiersbach ist nicht viel los – doch neuerdings ziehen immer mehr Chinesen dorthin. Das wirft die Frage auf: Wer integriert hier eigentlich wen?

Hoppstädten-Weiersbach ist ein schöner Flecken Erde in der tiefsten rheinland-pfälzischen Provinz. Aus der Region ziehen jedes Jahr rund 1000 Menschen weg, nach Frankfurt zum Studieren, nach Stuttgart für den ersten Job. Auch Hoppstädten-Weiersbach, knapp 3500 Einwohner, ginge es nicht gut, gäbe es nicht die Chinesen. Und weil die Chinesen groß denken, also wirklich groß, preisen sie Hoppstädten-Weiersbach als Ort im Herzen Deutschlands, ja Europas an, wo die Flughäfen Hahn und Frankfurt nah sind, die Wiesen aber auch grün. Und deswegen gaben die Chinesen den renovierten Kasernen, in denen einst die amerikanischen Soldaten wohnten, nicht irgendeinen Namen, sondern einen großen Namen: Headquarter der Weltfabrik.

„Headquarter der Weltfabrik“ sagt Thomas Wild langsam und vorsichtig, als jonglierte er eine Tasse aus dünnem chinesischem Porzellan. Wild leitet die örtliche Stelle der Industrie- und Handelskammer. Er steht im vom Regen aufgeweichten Seitenstreifen der Straße, auf dem Grundstück vor ihm hämmern und sägen Handwerker. Ein Studentenwohnheim soll das einmal werden. Für noch mehr Chinesen. Knapp 200 Unternehmer aus dem fernen Osten leben schon in Hoppstädten-Weiersbach, die Familien hinzugerechnet sind es um die 600. Für einen Ort mit knapp 3500 Einwohnern ist das eine ganze Menge. „Die Willkommenskultur ist hier besonders ausgeprägt“, sagt Wild. Birkenfeld, in dem Hoppstädten-Weiersbach liegt, ist ein wirtschaftlich schwacher Landkreis. Das nahe Idar-Oberstein ist wegen seiner Edelsteine berühmt, macht aber die Region auch nicht zum blühenden Wirtschaftsstandort. Hier leben überdurchschnittlich wenige gut ausgebildete Leute. Und jetzt kommen Chinesen, die fünf Sprachen sprechen, Geschäftsideen haben und Mut, sie auch anzugehen. Und im Supermarkt in der Nähe bricht inzwischen eine mittlere Krise aus, wenn die Orchideen oder das Kokoswasser ausgehen. Wer integriert hier eigentlich wen?