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Einflussreicher Unternehmer: Die bunte Welt des Li Shufu

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Groß wurde Geely mit Kleinwagen.

Plötzlich ist ein chinesischer Unternehmer größter Einzelaktionär „beim Daimler“. Li Shufu hat innerhalb von 16 Jahren ein beachtliches Auto-Imperium geschaffen. Was kommt noch?

Es bedurfte eines zweiten Anlaufs. Erst mit seinem aktuellen Ergebnis scheint Li Shufu zufrieden – vorerst. Nachdem der chinesische Gründer und Mehrheitsanteilseigner des chinesischen Automobilkonzerns Geely erstmals vor gut drei Monaten nach der Krone des deutschen Automobilbaus gegriffen hat, ihm in Stuttgart aber die kalte Schulter gezeigt wurde, legte der weit vorausplanende Unternehmer kurzerhand ein paar Milliarden Euro drauf: Für rund neun Milliarden kaufte er in der vergangenen Woche Anteile der Daimler AG und besitzt nun 9,69 Prozent an der Stuttgarter Automobil- und Nutzfahrzeugunternehmen. Was Daimler-Chef Dieter Zetsche schließlich mit zufriedener Miene als Privatinvestition des chinesischen Unternehmers sehen möchte.

Daran glaubt in China niemand. Der heute 54 Jahre alte Li Shufu, der mit geliehenem Familiengeld 1986 eine Fabrikation von Kühlschränken begann und erst seit 2002 Autos bauen ließ, gilt im Reich der Mitte als weiser Vorausdenker seines Konzerns – und weniger als privater Geldanleger. Mit dem Besitz des größten Aktienpakets der Daimler AG verdrängt er den Kuweitischen Staatsfond, der 6,8 Prozent hält, auf den zweiten Platz. Doch anders als den Kuwaitis geht es dem Chinesen nicht um Renditen, sondern um den Zugang zu Daimler-Ressourcen für den raschen Weiteraufbau seines Imperiums mit Sitz in Hangzhou in der chinesischen Ost-Provinz Zhejiang.

Ein weltweit beachteter Coup

Damit folgt Li Shufu einem langfristigen Plan, der aus der Erkenntnis resultiert, dass der vergleichsweise jungen chinesischen Automobilindustrie die langfristige Erfahrung für technische Entwicklungskontinuität fehlt. Wer jemals die Limousine Geely Emgrand 7 fuhr, das Flaggschiff der Marke, weiß, warum: Von Ex-Volvo-Chefdesigner Peter Horbury gefällig eingekleidet, lässt die unterm Blech verborgene Technik ein harmonisches Zusammenspiel von Antriebseinheit, Fahrwerk und Bedienungskomfort vermissen. Es mangelt an Erfahrung in der hohen Kunst der Abstimmungarbeit. Diese und ähnliche Kompetenzen aufzubauen, so ist offenbar Lis Sicht der Dinge, bedürfe eines extrem hohen und langfristigen Investments in Manpower und Erfahrungsschatz. Seine zurückliegenden Aquisitionen deuten darauf hin, dass Zukäufe und Kooperationen mit etablierten westlichen Marken tatsächlich rascher zum Ziel führen.

So kaufte Li Shufu 2009 zunächst den global agierenden und in Australien ansässigen Entwickler Drivetrain Systems International. Und mit dem Griff zu Volvo Cars im Jahre 2010 landet er seinen ersten weltweit beachteten Coup. Die Übernahme brachte ihm die komplette automobile Entwicklungskompetenz der Schweden. Umgehend wurde in Göteborg das China Euro Vehicle Technology Zentrum (CEVT) gegründet, wo anfangs 200 Volvo- und Geely-Ingenieure einzogen. Heute arbeiten dort rund 1700 Experten. An dieser Stelle entsteht die Scalable Product Architecture (SPA), auf der künftig alle Volvos vom XC 60 an aufwärts basieren.

Es folgte die Compact Modular Plattform (CMA), die Volvo seit kurzem mit dem XC 40 überbaut. Doch schon in Jahr davor kündigte Geely an, die CMA Plattform von 2018 an auch für die komplett neue chinesische Marke Lynk & Co zu nutzen. Der von Volvo und Opel bekannte Alain Visser wurde ihr Präsident und kündigte den Eintritt als „Premiummarke“ in internationale Märkte einschließlich der Vereinigten Staaten an. Das erste Fahrzeug, das Kompakt-SUV Link 01 mit 1,5-Liter-Dreizylinder-Turboaggregat, Elektromotor (Mildhybrid) und Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (wahlweise Handschaltung), lässt nach großmundigem Versprechen allerdings auf internationalem Parkett noch etwas auf sich warten. Entsprechend dürften sich auch die Markteinführungen der geplanten Limousine sowie der rein elektrisch angetriebenen Varianten verspäten.