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Über die Betriebsratsarbeit: Die Kunst des im Betrieb Möglichen

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Kümmert sich um Arbeitnehmerbelange bei Fraport: Betriebsratsvorsitzende Claudia Amier

Bis Ende Mai werden auch in hessischen Betrieben Betriebsräte gewählt. Claudia Amier übt diesen heiklen Job bei Fraport aus – und will es weiter tun.

Es kann darum gehen, Abhilfe zu schaffen, wenn Kollegen mangels Sozialkompetenz anderen die Arbeit zur Last vergällen oder familiäre Veränderungen bei einem Mitarbeiter eigentlich eine gewisse Rücksichtnahme des Arbeitgebers erfordern würden. Es kann aber auch darum gehen, in langen und zähen Verhandlungen mit der Unternehmensleitung nach einem Kompromiss zu suchen, um die Auslagerung oder den Verkauf ganzer Unternehmenszweige zu verhindern. Die Bandbreite der Aufgaben ist groß, denen sich Betriebsräte wie Claudia Amier täglich zu stellen haben. Und in den nunmehr acht Jahren an der Spitze des Betriebsrates der Muttergesellschaft der Frankfurter Fraport AG hat Amier in allen Ausprägungen des Jobs reichlich Erfahrung gesammelt.

Wie sie sagt, zieht sie bis heute besondere Befriedigung aus den Möglichkeiten zu helfen, wenn einzelne Kolleginnen und Kollegen Unterstützung brauchen. Auch deshalb tritt sie bei den Betriebsratswahlen wieder an, die gerade bei Fraport und in rund 28.000 anderen Betrieben in ganz Deutschland angelaufen sind.

Komplexe Themen zu bearbeiten

Gemeinsam mit Kollegen in der Arbeitnehmervertretung hat sich Amier, die Mitglied der Gewerkschaft Verdi ist, aber eben nicht nur den Sorgen und Nöten einzelner Frauen und Männer zu widmen. Sie hat auch sehr viel komplexere Themen zu bearbeiten: Ein besonders heikles darunter ist bei Fraport die Zukunft des Geschäftszweiges Bodenverkehrsdienste, wo es um das Be- und Entladen von Flugzeugen, das Reinigen und um ähnliche Abfertigungsdienstleistungen geht, die der Flughafenbetreiber an seine Kundschaft, die Fluggesellschaften, verkauft.

Diese mit rund 5000 Beschäftigten sehr personalintensive Unternehmenssparte der Fraport kommt seit Jahr und Tag nicht aus den roten Zahlen, was das Management eines Unternehmens, zumal eines börsennotierten, naturgemäß nicht auf ewige Zeiten hinnehmen will. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die anderen, hochrentablen Unternehmenszweige eines Flughafenbetreibers letztlich wesentlich auf eben diesen Dienstleistungen beruhen. Denn ohne die Bodenverkehrsdienste wäre schlicht kein Flughafenbetrieb möglich, es gäbe keinen lukrativen Einzelhandel am Flughafen, kein Immobiliengeschäft – nichts dergleichen.

Schon vor Jahren war die Ansage der Unternehmensleitung eindeutig und hat sich im Grunde bis heute nicht verändert: Um rentabel zu werden, müssen die Kosten der Bodenverkehrsdienste gesenkt werden, da bei den Airlines, allen voran beim Hauptkunden Lufthansa, keine höheren Entgelte durchzusetzen sind. Diese Botschaft verknüpfte das Fraport-Management ursprünglich noch mit dem auch als Drohung interpretierbaren Hinweis, dass man sich unter Umständen gezwungen sehen könnte, die Sparte ganz an einen anderen Anbieter zu verkaufen. Die Betriebsratsmitglieder wussten und wissen nur zu gut, dass ein anderer Anbieter deshalb leichteres Spiel haben würde, weil er eben nicht an alte, aus Sicht der Arbeitnehmer noch vergleichsweise komfortable Tarifverträge gebunden wäre und deshalb Dienstleistungen billiger anbieten könnte.

Aus diesem Grund ging es für die Betriebsräte darum, das Management unter teils schmerzhaften Zugeständnissen dazu zu bewegen, an dem Unternehmenszweig Bodenverkehrsdienste als Teil des Konzerns festzuhalten. Das gelang zwar, aber um den Preis, dass die Fraport nur mehr neue Kräfte in dem Tochterunternehmen mit geringeren Entgelten einstellte, wodurch es nun doch wieder möglich schien, auch in diesem Geschäftsfeld irgendwann schwarze Zahlen zu schreiben.

Amier wertet es denn auch als einen großen Erfolg der Arbeitnehmervertreter, erreicht zu haben, dass Fraport am integrierten Geschäftsmodell eines Flughafenbetreibers festhält, also nicht verkauft hat. Dabei gibt sie unumwunden zu, dass man schon einen hohen Preis dafür habe zahlen müssen. Das sind einmal unterschiedliche Tarife innerhalb der Fraport, den der Mutter und die der Töchter. Und dann ist da noch der Tarifvertrag des Fremdanbieters für die Dienstleistungsanbieter auf dem Flughafenvorfeld. Das war bislang die spanische Acciona, neuerdings ist es die Frankfurter Wisag.

„Demokratie hinterm Werkstor“

Genau dieser Umstand aber, dass auf dem Vorfeld des Frankfurter Flughafens Frauen und Männer selbst innerhalb der Fraport für dieselbe Arbeit unterschiedlich entlohnt werden, bringt nun die Gewerkschaft Verdi, die einmal über eine dominierende Stellung am Flughafen verfügte, erheblich unter Druck. Konkurrierende Listenvereinigungen wie MVB und Aktiv gewinnen an Stärke. Und das vor allem mit Vorwürfen, Verdi vertrete die Interessen der Männer und Frauen auf dem Flughafenvorfeld nicht ausreichend.

Amier hält solche Vorwürfe naturgemäß für unfair, schließlich habe man trotz widriger Umstände viel erreicht. Aus der Opposition heraus lasse sich natürlich immer leicht das Maximale fordern. Es gehe aber darum, das nach Lage der Dinge Mögliche auch tatsächlich durchzusetzen, sagt Amier und beschreibt damit, wie sehr „die Demokratie hinterm Werkstor“ der praktischen Politik ähnelt, die vor allem darin besteht, immer wieder Kompromisse zu erarbeiten. Zumal Betriebsräte nicht nur dem Wohl der Arbeitnehmer verpflichtet sind, sondern auch dem des Unternehmens.