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Umgang mit Flüchtlingen: Cottbuser Oberbürgermeister fordert mehr Unterstützung

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Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes und zwei Beamte der Bereitschaftspolizei gehen am Dienstag vor dem Einkaufszentrum Blechen Carré in Cottbus Streife.

In Cottbus kommt es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Flüchtlingen. Jetzt schlägt Oberbürgermeister Holger Kelch Alarm: Die Stadt sei bei der Integrationsarbeit am Limit.

Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und Deutschen in Cottbus hat Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) mehr Unterstützung von Land und Bund gefordert. Eltern von Flüchtlingskindern wüssten wegen Sprachbarrieren teils nicht, was in den Schulen vorgehe, sagte Kelch am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags in Potsdam.

Er bitte dringend um Unterstützung unter anderem bei der Schulsozialarbeit, der Immigrantenberatung oder auch bei den Erziehungsberatungsstellen, sagte Kelch. Sollte es zum Familiennachzug kommen, sei die Stadt der Aufgabe derzeit nicht gewachsen. Außerdem sei bei der Polizei in den vergangenen Jahren Personal abgebaut worden.

Cottbus hatte im vergangenen Jahr deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als viele andere Kommunen im Land. In den vergangenen Monaten war es in der Stadt wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen zumeist jugendlichen Deutschen und Syrern gekommen. In den vergangenen Wochen gab es mehrere teilweise gewalttätige Konflikte, bei denen Flüchtlinge Opfer und Täter waren.

Der Oberbürgermeister der Stadt berichtete im Innenausschuss von einzelnen geflüchteten Familien, die einen Kontakt mit Sozialarbeitern verweigerten. „Angestellte der Stadtverwaltung werden nur noch respektiert, wenn sie mit Uniform in die Familie gehen“, sagte Kelch. Frauen würden generell nicht ernst genommen.

Landesregierung will Polizei-Präsenz verstärken

Außerdem wüssten Eltern von Flüchtlingskindern wegen Sprachbarrieren teils nicht, was in den Schulen vorgehe, sagte Kelch. Der Oberbürgermeister kritisierte, dass rund 80 Prozent der Flüchtlingskinder im Alter von bis zu sechs Jahren keine Kindertagesstätten besuchten. Es sei damit zu rechnen, dass sie beim Eintritt in die Schule nicht in ausreichendem Maß Deutsch könnten.

Kelch erinnerte daran, dass die Stadt Cottbus bereits im vergangenen März einen Antrag auf Zuzugssperre für Flüchtlinge gestellt habe, dem der Landkreistag sowie der Städte- und Gemeindebund aber nicht zugestimmt hätten. Er unterstützte die Forderung der CDU nach einer Wohnsitzauflage für Flüchtlinge, die einen Zuzug in bestimmte Wohnorte untersagt.

Das Land Brandenburg hatte Cottbus zuvor bereits mehr Unterstützung zugesagt. Die Polizeipräsenz in Cottbus soll verstärkt und bis zu 40 zusätzliche Stellen für Sozialarbeiter geschaffen werden. Auch der von Cottbus im März 2017 beantragten Zuzugssperre wurde nun zugestimmt – bis auf weiteres werden keine weiteren Flüchtlinge aus der Erstaufnahme nach Cottbus geschickt.

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) kündigte im Innenausschuss zudem die Gründung einer bis zu dreizügigen Oberschule im Stadtviertel Sachsendorf an. Auch Anträge auf Kita-Gründungen würden für Cottbus derzeit schnell genehmigt.

Laut Darstellung des Vereins Opferperspektive nehmen Auseinandersetzungen in der Stadt seit 2015 stetig zu. „Besondere Brisanz erhält die Situation in Cottbus dadurch, dass hier eine gut organisierte, militante Neonaziszene agiert, die die in Cottbus durchaus vorhandene Zivilgesellschaft durch pure Gewaltdrohung zum Schweigen bringt.“

Mit rund 100.000 Einwohnern ist Cottbus die zweitgrößte Stadt in Brandenburg. Der Ausländeranteil stieg laut Medienberichten in den vergangenen Jahren von 2,5 auf 8,5 Prozent.

Auch die Caritas äußerte sich auf Anfrage in „großer Sorge“ über die „Gewaltentwicklung unter Beteiligung von Flüchtlingen“. Der fachpolitische Abteilungsleiter des Görlitzer Diözesancaritasverbands, Torsten Bognitz, kündigte an, der Wohlfahrtsverband wolle sich in Cottbus verstärkt mit haupt- und ehrenamtlichen Projekten für die Integration engagieren. Er warnte davor, wegen Straftaten einiger Flüchtlinge die „große Zahl friedliebender Menschen“ aus Krisengebieten zu bestrafen.