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Fahrbericht Alpina B5 Biturbo: In der Ruhe siegt die Acht

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Der Alpina B5 Biturbo fährt vor.

Alpina holt mit feinem Gespür für Technik recht angenehme 608 PS aus einem 5er BMW Kombi. Der B5 Biturbo ist eines der besten Autos, das je in dieser Redaktion zu Gast war.

Am BMW 5er gibt es nichts auszusetzen. Bis der Alpina B5 Biturbo vorfährt. Er tut dies auch als Kombi, was dem ohnehin ausgeprägten Understatement die berüchtigte Krone aufsetzt. Nicht, dass wir zu infantilen Spielchen neigten, aber aufmüpfige Herren der Ringe und selbsternannte Krieger der Sterne mit höflichem Nachdruck von der linken Spur zu bitten, das hätte was. Auch der gemeine Zuffenhausener Freizeitpilot verspürte Stiche ins Ego, tauchte ein blauer Kombi erst im Rückspiegel auf und entschwände dann gen Horizont. Aber von solchen Dingen träumen wir natürlich nur, Ehrenwort.

Gut, das Testprotokoll erfordert die Überprüfung der Höchstgeschwindigkeit, was im vorliegenden Fall einer für eine breite Autobahn zu goldigster Morgenstund ist. Den Allgäuer Autobauern derer zu Bovensiepen sind falsche Versprechen offenbar ein Greuel, weshalb sie den Tachometer auf 340 km/h taxieren. Der B5 schiebt auf tatsächliche 330 km/h, was er mit recht beachtlichem Elan ohne spürbare Beeinträchtigung durch die Elemente erledigt. Es hilft, den Pirellis zu vertrauen. Und den eigenen bescheidenen Fahrkünsten. Der Asphalt wird in diesen Regionen schmal, die geforderte Aufmerksamkeit umso größer, es geht also eher um die Stammtisch-Frage, wer jetzt noch mitkommt, mitkäme. Im Alltag spielt das keine Rolle, ebenso wenig wie die 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h oder das Durcheilen der 200 km/h-Marke nach auch nicht üblen 11,4 Sekunden.

Vielmehr von Bedeutung ist die Art, mit der sich der 4,4-Liter große Achtzylinder ans Werk macht. Mit dem Adjektiv souverän ist die Leistungsentfaltung unzureichend beschrieben. In allen Lebenslagen verleiht das Triebwerk imposante Mühelosigkeit, die den Eigner Großmut und Entspannung lehrt. Mit einem Tritt aufs Gas sind stets jene Meter gewonnen, die wieder an die Spitze führen. Allein aus langsamster Fahrt genehmigt sich die von zwei Garrett-Ladern freier beatmete Maschine einen Wimpernschlag des Zögerns, was dem Lenker Zeit gibt, sich zu besinnen auf das, was nun folgt. Das Feuerwerk manifestiert sich in 608 PS und 800 Newtonmeter Drehmoment. Für alle, die mit derartigen Zahlen nicht so vertraut sind: Ozeandampfer erblassen vor Neid.

Die überbordende Kraft versucht erstmals ein Allradantrieb auf die Straße zu bringen, was ihm meist gelingt, zum Glück aber nicht immer ohne Schlüpfrigkeit. Dann drehen die hecklastig angesteuerten und mitlenkenden Hinterräder einen freudvollen Moment durch, und es weht ein Hauch von M5 durch den Alpina. Doch den zackigsten aller original von BMW befeuerten 5er, der, das ist ein wenig niederschmetternd, mit acht PS weniger auskommen muss, will oder darf der Alpina gar nicht aufmischen. Der B5 gibt den Gentleman unter den Sportskanonen. Er gönnt sich zur präzisen Lenkung sogar eine Komfort-Plus-Stellung im Fahrwerk, doch schon der normale Modus trifft den schmalen Grat aus Leistung und Langstreckentauglichkeit vorzüglich.

Jegliche Form von Krawall ist dem B5 fremd, der Motor verzichtet auf Gebrüll, und der über die formidable ZF-Achtgangautomatik transferierte Vorwärtsdrang ist so stürmisch wie frei von Angebertum. Dabei bleibt er die Laufruhe selbst. Im Stand ist der Blick auf den Drehzahlmesser notwendig, um zu erkennen, ob im Maschinenraum gearbeitet oder pausiert wird. Und bei Autobahntempo herrschen Drehzahlen vor, die andernorts als Leerlauf durchgingen. Einfach gut und schön.

Selbstredend liefert BMW eine exzellente Vorlage, Basis ist der 540 iX. Alpina tüftelt zwei Jahre am Motor, ersetzt den Sechs- durch seinen Achtzylinder, reizt Kolben und Kennfelder aus. Fünf Motorenprüfstände und einen Abgasrollenstand nennt das Familienunternehmen sein Eigen. Heraus kommen 1650 Autos im Jahr, denen die Freude an der Technik und der Hang zur Pedanterie ihrer Erbauer in jeder Faser anzumerken ist. Mit all den edlen Zutaten im Interieur summiert sich das Ensemble freilich auf zwei Tonnen.

Die gute Nachricht: Der Alpina pulverisiert dieses erschreckende Gewicht mit Leichtfüßigkeit. Gleichsam pulverisiert er schmalere Bankkonten. Der Durchschnittsverbrauch stellt sich auf 13,1 Liter Super Plus, die Preisliste für den Touring beginnt mit 115.300 Euro, und ohne Mühe lässt sich der ein oder andere Zehntausender draufoptionieren. Dafür gibt es eines der besten Autos, das je in dieser Redaktion zu Gast war.