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Krisentreffen: Lufthansa zeigt im Air-Berlin-Poker Entgegenkommen

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Was passiert mit Niki?

Die Aufteilung der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin steht auf der Kippe. Denn der Lufthansa könnte der Zuschlag für Niki verweigert werden. Der Bund fürchtet schon um seine 150 Millionen Euro.

Die Zukunft der Air-Berlin-Tochtergesellschaft Niki ist zum entscheidenden Konfliktthema in der Aufteilung der insolventen Berliner Fluggesellschaft geworden. Da sich Zweifel mehren, ob die EU-Kommission die Übernahme von Niki durch die Deutsche Lufthansa und deren Marke Eurowings durchwinkt, zeigt sich der Konzern zu Zugeständnissen bereit. Bis zum Fristablauf um Mitternacht in der Nacht zum Freitag wollte Lufthansa nach Informationen aus Branchenkreisen Vorschläge einreichen, um Bedenken der Wettbewerbshüter auszuräumen. Zuerst hatte dies die Zeitung „Bild“ gemeldet. Demnach will der Konzern anbieten, auf die Übernahme attraktiver Start- und Landerechte, sogenannter Slots, an verkehrsreichen Flughäfen wie in Düsseldorf zu verzichten.

Ohne Zugeständnisse steht vor allem die Übernahme des Air-Berlin-Ferienflugablegers Niki auf der Kippe, den Lufthansa neben der Tochtergesellschaft LGW und dem Geschäft mit insgesamt 81 Flugzeugen übernehmen will. Die Lufthansa hatte wegen der wettbewerbsrechtlichen Bedenken aber auch geprüft, von der Niki-Übernahme wieder Abstand zu nehmen. Das nährte Zweifel, ob das Übergangsdarlehen der staatlichen KfW-Bank von 150 Millionen Euro, das Air Berlin nach dem Insolvenzantrag gewährt wurde, zurückgezahlt werden kann. Dafür sollten die Verkaufserlöse – allen voran das Geld von der Lufthansa – verwendet werden.

Während sich Lufthansa-Verantwortliche am Donnerstag in Krisensitzungen befanden, brachten sich die im Bieterverfahren für Teile der insolventen Air Berlin unterlegenen Interessenten in Stellung. Nach dem österreichischen Unternehmer Niki Lauda, der zusammen mit der Fluggesellschaft Condor aus dem Reisekonzern Thomas Cook für Niki geboten hatte, soll auch der British-Airways-Mutterkonzern IAG sein Interesse bekräftigt haben. IAG hatte angestrebt, die eigene Billigflugmarke Vueling um Niki zu verstärken.

Die Lufthansa dürfte zwar das höchste Gebot für Niki eingereicht haben, allerdings steht der Zuschlag für den Großkonzern möglicherweise im Widerspruch zu einer wettbewerbsrechtlichen Richtschnur der EU. Darauf hatte in dieser Zeitung schon Christoph Debus, der Chef der Thomas-Cook-Flugsparte, hingewiesen. „Normalerweise darf eine gescheiterte Gesellschaft nur dann von dem dominanten Anbieter übernommen werden, wenn es keine Alternative gibt“, sagte er. Die Zugeständnisse der Lufthansa sollen dieses Argument abschwächen.

Das dürfte auch im Interesse der Bundesregierung sein. Denn die Lufthansa hatte schon vorsorgt, um ihre Billigflugplattform Eurowings auch anders zu verstärken. Der Konzern hat Flugzeuge, die für Air Berlin und Niki flogen und fliegen, von Leasinggebern gekauft oder mit neuen Verträgen gemietet. Für die Mehrzahl der insgesamt angestrebten 81Jets hat sich Lufthansa schon den Zugriff gesichert. Dies war außerhalb des Bieterverfahrens möglich, da kein Flugzeug Air Berlin gehörte, sondern alle geleast waren. Im nächsten Schritt wäre beim Slotkoordinator Start- und Landerechte an Flughäfen zu beantragen, um die eigene Expansion ohne Niki-Übernahme umsetzen. Für die Bundesregierung wäre das ein Schlag. Die Folge wäre, dass im Fall eines Betriebsendes bei Niki die Mitarbeiter dort ihre Stellen verlieren, statt im Zuge eines Betriebsübergangs zu Eurowings zu kommen. Das staatliche Übergangsdarlehen war auch mit dem Schutz von Arbeitsplätzen gerechtfertigt worden.

Welche Perspektiven Niki ohne Lufthansa hätte, ist im fortgeschrittenen Stadium des Air-Berlin-Aufteilungsverfahrens ohnehin unklar. Andere Interessenten müssten schnell Mittel aufbringen, um den Fortbestand von Niki zu sichern. Die bislang nicht insolvente Air-Berlin-Tochtergesellschaft wird aktuell auch durch eine Stützung der Lufthansa am Leben gehalten, die nach einem Übernahmeverbot oder nach einem Rückzug der Lufthansa-Offerte endet. Der Finanzbedarf soll bei mehreren Millionen Euro je Woche liegen. Nebenbei würde die Vorsorge der Lufthansa es den zunächst unterlegenen Bietern, Condor und IAG, erschweren, nahtlos den Niki-Flugbetrieb fortzuführen. „Den Betrieb zunächst ohne eigene Flugzeuge zu übernehmen wäre eine schwierige Übung“, sagte ein Branchenbeobachter dieser Zeitung.

Die EU-Kommission prüft die Air-Berlin-Aufteilung bis zum 7. Dezember, kann die Frist unter Umständen aber um zwei Wochen verlängern. Eine möglicherweise anschließende vertiefte Prüfung würde weitere 90 Tage dauern. Auf einem Luftfahrtbranchentreffen in Berlin kursierte derweil die Hoffnung, dass es nicht dazu kommen werde. Man rechne mit dem Wohlwollen von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die für mögliche Ambitionen auf den Präsidentenposten der EU-Kommission deutsche Fürsprache gebrauchen könnte.