Eurokrise

Kommentar: Mario Draghi gibt Vollgas im Nebel

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EZB-Chef Mario Draghi

Die EZB halbiert das Volumen ihrer Staatsanleihekäufe. Aber eine geldpolitische Wende ist das keineswegs! Mario Draghi tritt nicht auf die Bremse – im Gegenteil.

Mario Draghi tritt nicht auf die Bremse, wie manche meinen, nur weil das Volumen der Staatsanleihekäufe halbiert wird. Denn das Kaufprogramm wird verlängert. Der EZB-Präsident weigert sich, ein Ende der Staatsfinanzierung zu beschließen, von der vor allem Italien profitiert. Von einer geldpolitischen Wende der Zentralbank kann man schon deshalb nicht reden, weil das nicht die erste Reduzierung der Käufe bei gleichzeitiger Verlängerung ist.

Aufgrund der Wiederholung lassen sich die Folgen gut abschätzen. Bei einem Leitzins von null und politischen „Marktzinsen“ steigen die Preise an den Vermögensmärkten weiter, was Haus- oder Aktienbesitzer freuen mag, aber Sparer verzweifeln lässt, weil deren Altersvorsorge dahinschmilzt. Bald dürfte die EZB-Bilanz die Hälfte der Wirtschaftsleistung des Euroraums umfassen, dann darf man wohl von finanzieller Planwirtschaft in der Währungsunion sprechen.

Wie Zentralbanker in Amerika gibt auch Draghi vor, die Märkte und die Volkswirtschaften steuern zu können. Dabei kann er nicht mal erklären, warum er sein Inflationsziel von 2 Prozent, das er wie eine Monstranz vor sich herträgt, nicht erreicht, obwohl die Konjunktur läuft und die Geldpolitik heute – zehn Jahre nach der Finanzkrise (!) – viel expansiver ist als damals. Auch vermag er nicht zu sagen, wieso die Löhne trotz Vollbeschäftigung nicht stärker steigen. Ein weiteres großes Rätsel ist, warum die Produktivität kaum wächst, obwohl die digitale Revolution so gut wie jeden Lebensbereich erfasst.

Wo bleibt Draghis Demut?

Mehr Demut stünde auch Draghi gut zu Gesicht. Taugt das Inflationsziel noch? Werden Inflation und Produktivität richtig gemessen? Dürfen Zentralbanker überhaupt die Märkte ausschalten, wenn sie das Zusammenspiel globalisierter Volkswirtschaften nicht wirklich durchdringen? Was passiert, wenn die EZB den Zeitpunkt für den Ausstieg ihrer ultralockeren Politik verpasst? Was macht sie dann im nächsten Abschwung?

Solche Fragen werden ausgeblendet, genauso wie die Risiken ihrer extremen Geldpolitik. Indem der Bestand an Staatsanleihen Monat für Monat wächst, wird die Geldpolitik immer expansiver, damit steigen die Gefahren für die Stabilität der Finanz- und Immobilienmärkte. Eine andere Politik mit der Rückkehr der Zinsen wird es erst dann geben, wenn Draghi nicht mehr im Amt ist.