Mode & Design

Modedesigner in Deutschland: „Trumps Einreiseverbot hat mich aufgewühlt“

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Modedesignerin Leyla Piedayesh (mitte) 2013 in Berlin: „Was wäre aus mir geworden, wenn ich in Iran geblieben wäre? Eine Hausfrau? Oder jemand, der sich im Untergrund politisch engagiert?“

Ihre Wahlheimat haben sie in Deutschland gefunden, doch sie kommen aus Ländern, in denen sich politisch viel ändert. Sechs Modedesigner erzählen von den Umbrüchen in ihrer Heimat.

Iran – Leyla Piedayesh

Meine Eltern sind kurz nach Ausbruch der Iranischen Revolution 1978/79 mit mir nach Deutschland geflohen. Sie wollten nicht in einem Land aufwachsen, das nicht das verkörperte, wofür sie gelebt hatten: Freiheit und Fortschritt. Den Rückschritt in eine Theokratie konnten sie nicht verkraften. Die Iraner leben seitdem in einem repressiven System, in dem man seine Meinung nicht frei äußern kann, in dem Frauen diskriminiert werden. Alles, was wir als normal empfinden, Literatur, Magazine, Filme, Musik, wird dort zensiert. Es ist irrsinnig traurig zu sehen, wie die Heimat, in der ich aufgewachsen bin, bis ich neun war, eine Entwicklung genommen hat, in der es für mich als Freigeist nicht lebenswert wäre.

Nachdem ich Iran verlassen hatte, habe ich die Politik im Allgemeinen eigentlich ad acta gelegt, weil sie für mich heuchlerisch war. Nur zweimal war ich wieder dort. Einmal mit 18 mit meiner Mutter, ein semi-gutes Erlebnis, und vor ein paar Jahren aus Sehnsucht. Das letzte Mal fand ich es so schön, meine kulturelle Herkunft zu entdecken, dass ich am liebsten jedes Jahr hinfahren würde. Leider erlaubt das mein Zeitplan nicht. Die Stimmung war sehr modern, man konnte fast die Start-ups um die Ecke riechen, die Globalisierung war zu spüren, aber eben auch, dass es an vielem fehlt. Dem Großteil der Bevölkerung geht es sehr schlecht. Die Privilegierten haben heimlich Spaß. Das macht nachdenklich – was wäre aus mir geworden, wenn ich dort geblieben wäre? Eine Hausfrau? Oder jemand, der sich im Untergrund politisch engagiert? Bei den letzten Wahlen wurde Hassan Ruhani zum Präsidenten gewählt und hat sich zum Glück gegen den extrem konservativen Ebrahim Raisi durchgesetzt. Nichtsdestotrotz liegt die Macht nicht beim Staatsführer, sondern mehr beim Religionsführer. Aus der deutschen Perspektive ist es auch gar nicht verständlich, warum jemand gewählt wird und dann jemand anderes bestimmt. Ich habe mir die Frage gestellt, ob die Nachkommen der Religionsführer eine modernere Sicht auf die Welt haben könnten.

Weltpolitisch verschärft sich im Vergleich zu den achtziger Jahren, in denen ich aufgewachsen bin und in denen es relativ harmonisch war in Europa, ohnehin gerade alles. Über meine iranische Herkunft habe ich in Deutschland wenig nachgedacht, denn ich habe hier ein uneingeschränktes, freies Leben und kann machen, was ich will. Trumps Einreiseverbot hat mich aufgewühlt. Ich dachte: Was soll das? Plötzlich war ich selbst betroffen, da ich sowohl einen deutschen als auch einen iranischen Pass besitze. Aus diesem Grund habe ich ein Schild mit den Worten „I’m an immigrant“ bei meiner Modenschau in Kopenhagen hochgehalten. Ich wollte meine Stimme erheben und für unsere freiheitlichen Werte demonstrieren.

Türkei – Ayzit Bostan