Mode & Design

Sie ist wieder da: Die Bauchtasche als Brusttasche

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Die Männer von Louis Vuitton haben gemeinsam mit Supreme die Bauch- zur Brusttasche gemacht.

Auf den Straßen der Vorstädte und Banlieues haben Jugendliche den Trend längst entdeckt. Nun setzt auch die High Fashion auf street credibility. Ein Stilbruch?

Sie ist wieder da. Ein Reißverschluss wie scharfgeschliffene Zähne, ein Gurt wie gierige Griffel, ein Stilbruch wie ein Unterhemd mit Silberkette. Die Bauchtasche war immer schon mehr Prolet als Szenestar. Und ausgerechnet jetzt setzt sie zum wiederholten Comeback-Versuch an, der dieses Mal sogar zu gelingen scheint. Das kann nur dem vor einiger Zeit aufgeflammten Hype um alles, was in den Achtzigern und Neunzigern mal hip war, zu verdanken sein. Mindestens so lange ist es her, dass die Bauchtasche die Models der großen Modehäuser zierte. Damals waren es nicht nur amerikanische Lifestyle-Ketten wie American Apparel und Eastpak, die sie verkauften. Die Bauchtasche wandelte sich vom Plastik-Reißverschluss-Modell aus billigem Stoff, der oft auch neonfarben hervorstach, zur gedeckten Version aus schwarzem, gestepptem Echtleder, das Claudia Schiffer in einem Chanel-Kampagnenfoto wie einen halbvergoldeten Lendenschurz vor sich her trug, im Großstadtdschungel Berlin, eine Tigerin mit Chanel-Beutel für alles, was Frau zum Überleben braucht. Zum Glück kommt heute die Bauchtasche als Brusttasche zurück. Richtig gelesen, denn vorbei sind die Zeiten, in denen sie als Hüfttäschchen dienen musste. Der Gurt wird heute – selbst von Kendall Jenner – um die Schulter geschwungen, greift einmal um den Rücken, um sich dann auf Höhe des Ellenbogens wieder auf die Brust zu winden. Dort prangt das eigentliche Täschlein wie ein Orden auf der Brust.

Das ist sicher und praktisch, und obwohl das früher keine stilrelevanten Argumente waren, strahlt der Beutel zumindest bei den Herren mehr Coolness aus als die männliche Adaption der klassischen Frauenhandtasche. Auf gut Amerikanisch: fanny pack schlägt murse.

Dabei waren es nicht die Köpfe von Louis Vuitton, Alexander Wang oder Supreme, die diese neue Bauchtasche für ihre Laufstegmode erfunden haben. Im Gangstertum – lange einem der wenigen verbliebenen Verfechter dieses Accessoires – ist die Bauch- schon längst zur Brusttasche geworden. Das verleiht ihr street credibility, schon weil sie so an Waffenholster erinnert, die man an der Brust trägt.

Natürlich wird die Bauchtasche auch künftig an der Hüfte getragen – ihrem Namen macht sie schon noch weiter Ehre. Um sich von ihrer ewigen Assoziation mit dem Fremdschäm-Tourismus zu lösen, braucht die Bauchtasche aber einen klaren Bruch. Die Abwandlung zur Brusttasche ist so ein Versuch. Auch wenn der Beutel an sich immer ein Stilbruch bleiben wird.