Inland

Vor Jamaika-Gesprächen: Seehofer wetzt die Messer


Horst Seehofer und der Generalsekretär der CSU Andreas Scheuer im Februar in München

Vor Gesprächen mit FDP und den Grünen will Horst Seehofer die Fronten mit der CDU klären. In beiden Parteien werden die Forderungen nach einer schärferen Asyl- und Einwanderungspolitik lauter.

Vor möglichen Jamaika-Verhandlungen stehen CSU und CDU laut Horst Seehofer vor ihren schwierigsten Gesprächen seit Kreuth 1976. Das sagte der CSU-Vorsitzende nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ in „kleiner Runde“. Damals hatte der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß bei einer Klausurtagung die Trennung von der CDU angekündigt. Erst Wochen später und nach massiven Drohungen aus der CDU rückte er wieder davon ab. Seehofer hat laut „SZ“ für die nächsten Tage alle öffentlichen Termine abgesagt. Er arbeite an einer Strategie für die Gespräche mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel. Als heikler Punkt gilt die CSU-Forderung nach einer Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Seehofer hält daran fest, Merkel lehnt sie ab.

Seehofer steht intern unter Druck: Nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl wurden in der CSU Stimmen laut, die seinen Rücktritt forderten. Am Wochenende hatte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) auch von Merkel eine schärfere Asyl- und Einwanderungspolitik verlangt. „Wir haben Platz gelassen rechts von der Mitte. Viele unserer Anhänger haben uns nicht mehr für wählbar gehalten“, sagte Tillich der Funke-Mediengruppe. Merkels Flüchtlingspolitik sei für das starke Abschneiden der AfD mitverantwortlich. Die Union müsse wieder Recht und Ordnung durchsetzen. „Die Leute wollen, dass Deutschland Deutschland bleibt. Sie wollen keine Parallelgesellschaften und keinen Anstieg der Kriminalität.“ In Sachsen wurde die AfD bei der Bundestagswahl mit fast 30 Prozent stärkste Kraft. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erklärte, Deutschland könne nicht unbegrenzt Flüchtlinge integrieren. FDP und Grüne müssten in dem angestrebten Jamaika-Regierungsbündnis deshalb eine „Integrationsgrenze“ akzeptieren, sagte er.

Scheuer: „Verbötchen“ zur Vollverschleierung ausweiten

Laut CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer lautet eine Lehre aus dem Wahlergebnis, dass sich CDU und CSU um die Themen Zuwanderung, Integration und Sicherheit kümmern müssten. Gestärkt werden müsse das „Sicherheitsgefühl, das wir als Konservative und Bürgerliche immer auch stark vertreten haben“. Scheuer forderte das von Österreich verhängte Verbot von Gesichtsschleiern auch in Deutschland einzuführen. Ein solches Totalverbot sei „möglich und notwendig“, sagte der CSU-Politiker. Die bisherige Bestimmung sei unzureichend: „Das deutsche Verbötchen zur Vollverschleierung muss so wie in anderen Ländern Europas ausgeweitet werden.“ Die Burka gehöre „nicht zu Deutschland“.

Innenexperten der Unionsfraktion im Bundestag halten ein solches Komplettverbot wie in Österreich dagegen rechtlich nicht für möglich. „Mit dem Teilverbot, das wir im Frühjahr beschlossen haben, sind wir an die Grenze dessen gegangen, was verfassungsrechtlich möglich ist“, sagte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU). Klar sei für ihn aber auch, dass Vollverschleierungen „klar unseren Werten und unserem Menschenbild“ widersprächen.

In Österreich gilt nach dem Beispiel anderer europäischer Länder seit Sonntag ein Verhüllungsverbot. Wer dann noch in der Öffentlichkeit sein Gesicht verbirgt, muss mit bis zu 150 Euro Strafe rechnen. Betroffen sind vor allem konservative muslimische Frauen: Sie dürfen seit Sonntag keinen Gesichtsschleier mehr tragen. Von dem Verbot ausgenommen sind lediglich Karnevalsmasken, Schutzmasken oder Schals bei kaltem Wetter.