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CSU-Abgeordneter Hoffmann: „Seehofer kann den Schaden nicht mehr gutmachen“

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Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kommt am Dienstag in Berlin zur Sitzung der neuen Landesgruppe der CSU im Bundestag.

In der CSU wird die Kritik an Parteichef Horst Seehofer immer lauter. Doch der will beim Parteitag im November wieder kandidieren. Ein Fehler, findet der CSU-Abgeordnete Alexander Hoffmann – und fordert Seehofers Rücktritt.

Als erster CSU-Bundestagsabgeordneter haben Sie öffentlich Horst Seehofers Rücktritt gefordert. Warum?

Wir wissen alle – und das sagen auch alle Mandatsträger und Funktionäre in der CSU: Ein „Weiter so“ geht nicht. Dieser Botschaft muss man auch ein neues Gesicht geben. Und das Signal muss jetzt auch schon bei den Wählern ankommen. Ich habe schon wieder die ersten Diskussionen im Wahlkreis, wo die Leute sagen: Mensch, habt ihr aus dem Wahlergebnis nichts gelernt?

Hat die CSU die AfD unterschätzt?

Das glaube ich nicht. Gerade Horst Seehofer hat das Problem ja richtigerweise früh definiert und zunächst auch die richtigen Akzente gesetzt. Aber irgendwann haben die Menschen den Glauben verloren, dass wir als CSU das, was wir da fordern, auch tatsächlich umsetzen, begonnen mit Diskussionen wie zum Beispiel um die Verfassungsklage in der Flüchtlingskrise. Oder bei den Abschiebezahlen. Die Leute haben gemerkt, dass wir immer auf eine konsequente Abschiebepraxis gepocht haben, aber die Zahlen dann doch nicht so hoch waren. Da haben wir einiges Vertrauen eingebüßt. Und das hat letztlich auch mit der Person Seehofer zu tun.

Aber schaden Sie Ihrer Partei so nicht noch zusätzlich, indem Sie schon vor dem Parteitag im November über Personalien diskutieren?

Mir ist wichtig, dass wir jetzt keine Selbstzerfleischungsdebatte führen oder eine Debatte, die darauf hinauslaufen soll, dass Seehofer morgen hinschmeißt – wir haben Verantwortung in Bayern, wir haben auch Verantwortung in den Koalitionsverhandlungen. Es wäre wichtig, dass er das Signal setzt für einen geordneten personellen Neuanfang.

Wen würden Sie denn als Nachfolger sehen?

Das oberste Gremium in der CSU ist der Parteitag. Und das muss und das soll der Parteitag entscheiden. Ich habe eine persönliche Meinung und da sage ich, das wäre Markus Söder. Aber das ist nur eine ehrliche Antwort auf eine offene Frage.

Dass jetzt gerade Politiker aus Söders Stammland Franken gegen Seehofer rebellieren, ist offensichtlich.

Die Motivation dahinter ist doch nicht, Markus Söder zu installieren. Mir ist auch klar, dass es andere Bewerber geben könnte. Nur für den Moment ist mir das Signal wichtig, dass wir dieses Nicht-Weiter-So mit einer personellen Veränderung unterlegen. Wir werden nächstes Jahr eine Landtagswahl haben, die alles fordert, von unseren Ortsverbänden, von unseren Mitgliedern, und auch von unseren Mandatsträgern, und dann muss klar sein, dass der stärkste Mann oder die stärkste Frau die CSU in diese Landtagswahl führt. Denn da geht es um alles.

Um die absolute Mehrheit in Bayern.

Die Stärke der CSU speist sich daraus, dass sie gewichtig in Berlin mitreden kann. Das hängt einmal mit einer CSU-Landesgruppe zusammen, die stark ist, aber auch damit, dass wir in Bayern die Staatsregierung stellen. Und dieser Zweiklang, den müssen wir immer gewährleisten können. Und wenn wir bei der Landtagswahl so ein Wahlergebnis erleben wie am vergangenen Sonntag, dann rückt das in uneinholbare Ferne.

CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann will jetzt die rechte Flanke der CSU schließen, ohne dass die Partei nach rechts rückt. Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

Ein Teil der Aufgabe der CSU nach der Wahl ist es, diese rechte Flanke zu schließen. Ich glaube aber nicht, dass wir sie dadurch schließen, dass wir weiter nach rechts rücken, sondern dadurch, dass wir all das, was wir im Bereich Flüchtlinge und Zuwanderung formulieren, konsequent umsetzen, wie etwa bei den Abschiebungen. Der zweite Punkt muss aber sein, dass wir mit der CDU zusammenrücken. Wir haben doch alle in den letzten Wochen und Monaten wahrgenommen, dass die Menschen uns die Lösungen im Land nicht mehr zugetraut haben, allein auf Grund der Tatsache, dass CDU und CSU miteinander gestritten haben.

Angenommen Horst Seehofer gelänge es, bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen die Obergrenze-Forderung der CSU durchzudrücken, wäre seine Position innerhalb der Partei dann wieder gefestigt?

Er kann den Schaden, der durch das Wahlergebnis angerichtet wurde, nicht mehr gutmachen. Das hat er ja die ganze Zeit schon mit sehr viel Nachdruck versucht, aber das ist nicht bei allen Wählern goutiert worden. Wenn wir heute die Wahl analysieren, stellen wir eben auch Wanderbewegungen von Wählern fest, nach deren Wahrnehmung wir es in Berlin übertrieben haben.

Wenn Seehofer tatsächlich bald zurücktreten sollte, fehlt der CSU dann nicht ein starker Verhandlungspartner in den Koalitionsverhandlungen?

Das sehe ich nicht so. Wir haben Joachim Herrmann, der nach wie vor unser Spitzenmann im Bereich der inneren Sicherheit ist und den auch die Menschen in Deutschland mit dem Thema verbinden. Wir haben mit Alexander Dobrindt einen unglaublich starken Landesgruppenvorsitzenden, der das Geschäft kennt, weil er schon vier Jahre im Kabinett und außerdem Sprecher der bayerischen Minister ist. Wir haben viele andere starke Köpfe, auch in den ersten Reihen der Landesgruppe. Ich habe keine Sorge, dass wir ohne Seehofer keine kraftvollen Koalitionsverhandlungen führen können.

Alexander Hoffmann ist 42 Jahre alt und seit 2013 für die CSU Mitglied des Bundestages. Bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 gewann er jeweils das Direktmandat für den Bundestagswahlkreis Main-Spessart.