Essen & Trinken

„Grillen muss ehrlich sein“


Für Elm geht es beim Grillen vor allem um die Gemeinschaft und den Freizeitcharakter.

Es ist Grillzeit, aber was soll drauf? Grillexperte Volker Elm sagt: Alles, was schmeckt. Sogar Bratwurst mit Gummibärchen.

Herr Elm, Sie sind Präsident der German Barbecue Association. Wie kommt man denn darauf, sich so sehr mit dem Grillen zu beschäftigen?

Ich weiß auch nicht, was ich damals geraucht oder getrunken habe. Nein, im Ernst, es sind bei mir Leidenschaft und Neugier. Wenn man in die Küche geht und irgendetwas machen muss, dann ist es oft Arbeit. Sobald die Leute aber das Haus verlassen, auf den Balkon oder in den Garten gehen, dann ist es Freizeit. Das hat mich fasziniert, genau wie die Gemeinschaft. Da steht der Generaldirektor mit einem Hausmeister und einem Mechatroniker zusammen und alle haben dreckige Finger.

Das Grillmodell dürfte sich allerdings unterscheiden.

Klar gibt es Leute, die sich einen Grill als Statussymbol kaufen: mein Haus, mein Auto, mein Grill. Die haben dann einen Grill für 2000, 3000 oder 4000 Euro. Aber eigentlich ist es beim Grillen egal, ob einer 150.000 Euro verdient oder 10.000 Euro. Die Deutschen werden immer zu einer Nation, wenn gerade Fußballweltmeisterschaft ist. Dann stehen alle zusammen. Wir Griller stehen das ganze Jahr zusammen. Das ist traumhaft, da fällt kein böses Wort.

Aber eigentlich bedeutet Grillen doch nur: Kohle, Rost, Fleisch drauf und dazu ein paar Bier.

Das war früher einmal. Früher hatte jeder beim Campen sein Dreibein mit Holzkohle. Da kam dann Spiritus drüber, und dann gab es Bratwurst und Kammsteak. Heutzutage ist das eine ganz andere Geschichte. Heute geht es um Outdoorcooking. Wir sagen auch Barbecue und nicht mehr Grillen. Es geht um Gemütlichkeit, dass man sich Zeit nimmt für die Produkte, dass man miteinander redet, sich austauscht. Die Leute probieren viel mehr aus als früher, sie sind neugieriger und experimentierfreudiger geworden. Es gibt Grillclubs, die sich wochenlang überlegen, was sie machen: Pulled Pork, Bacon Bomb oder eine Weihnachtsgans. Es geht auch um Regionalität und Nachhaltigkeit. Was grille ich, wie grille ich, welche Kohle nehme ich, welchen Anzünder.

47218762 Volker Elm ist der Präsident der German Barbecue Association. Zudem betreibt er die Kochschule Kostbar in Fulda.

Ich soll mir allen Ernstes überlegen, welche Kohle ich nehme?

Ja, das sollte man schon machen. Ich mache mir ja sonst auch Gedanken über mein Leben. Welches Auto ich fahre, welche Schuhe ich trage. Es ist unsere größte Hoffnung, dass die Leute sich bewusst machen, was sie eigentlich essen. Gerade wir Deutschen schütten ohne mit der Wimper zu zucken Öl für 69 Euro pro Liter in unser Auto. Aber selbst essen viele Öl für 69 Cent. Ich möchte, dass die Leute nicht mehr zum Discounter rennen und sich die Wurst für ein paar Cent holen, sondern wieder zum Metzger um die Ecke gehen. In den Metzgereien hat sich ja auch viel getan. Wer hat schon vor fünf Jahren von Dry-Aged-Stücken gesprochen? Heute gibt es Aqua-Aged, Asche-Aged und Schieß-mich-tot-alles-Mögliche.

Und wie ist es mit Bratwürsten? Sie haben ja den Spitznamen „Bratwurst-Mörder“, seit Sie vor einem Jahr verkündeten, dass bei der Deutschen Grillmeisterschaft keine Wurst mehr auf den Rost soll. Die „Bild“ kürte sie sogar zum „Verlierer“.

Mich darf man ruhig in Schutt und Asche legen. Und ich stehe auch dazu. Zwanzig Jahre lang haben wir Bratwürste in jeder Variante auf dem Grill gehabt. Aber es gibt so viele andere Produkte, die man grillen kann. Das Schwein hat noch so schöne Stücke. Also habe ich gesagt: Wir machen bei der Meisterschaft mal etwas anderes. Wir wollen den Leuten zeigen, dass man das ganze Tier benutzen kann. In diesem Jahr haben wir beispielsweise wieder einen Schweinebauch auf dem Grill. Das finde ich phantastisch. Das ist deutsches Kultur- und Grillgut – genau wie die Bratwurst.

Haben Sie einen Tipp, was man mal beim Grillen ausprobieren sollte?

Alles, was schmeckt. Ich bin da sehr offen. Ich liebe Schweinebauch, ich liebe ein schönes Flanksteak. Oder man holt sich mit den Kindern zusammen beim Metzger einen Wurstdarm und kreiert selbst eine Wurst. Ob da Gummibärchen drin sind, Schokolade, Chili oder Ingwer – einfach ausprobieren, worauf man Lust hat.

Und was ist mit Vegetariern? Oder mit Veganern? Dürfen die auch grillen?

Selbstverständlich. Vegan ist allerdings schwierig. Da ist man mit seiner Kreativität stark eingeschränkt. Ich kann keinen Honig benutzen, nichts mit Käse überbacken. Das wird sehr eng. Aber letztendlich darf ja jeder das auf den Grill legen, was er möchte.

Aber Freunde, die nur ab und an mal grillen, laden Sie wahrscheinlich nicht mehr dazu ein, oder?

Ich habe fast keine Freunde mehr. Nein, um Gottes Willen: Ich bin nicht so. Ich liebe es auch, an einem normalen Dreibein zu sitzen, und es gibt Thüringer Bratwürstchen mit Senf. Oder, wenn in Frankfurt eine Rindswurst auf den Grill gelegt wird. Solange es ehrlich ist, ist es gut für mich.