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Von Schließung bedroht

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Zurück zur romantischen Ausfahrt: mit dem Mercedes-Benz E-200 Cabriolet

Dem Cabriolet geht die Luft aus. Mercedes-Benz stemmt sich gegen den Trend. Gedanken im E 200 Cabrio.

Noch haben die mächtigen SUV das ernste Spiel nicht gewonnen. Die Urform des Automobils einst ganz mit ohne Dach, dann mit dem beweglichen, klappbaren, wegrollenden und sich selbst einpackenden Schutz gegen Wind und Wetter, gegen missgünstige Raben und neugierige Menschen, diese Spezies ist etwas in den Schatten der jüngeren, womöglich vital-pragmatischeren und zeitgeistigeren SUV-Konkurrenz geraten. Viele Kunden hatten sich jüngst gegen die Luftikusse und für den eher massiven, aber weichgespülten Geländewagen entschieden.

Doch das offene Auto ist nicht am Ende. Es wird nur gerade in den Verkaufsstatistiken ein wenig von diesen massigen Hochbeinern mit kastigem Aufbau und unhöflichem Platzanspruch verdrängt. Aber nicht alles dreht sich in der Welt der vierrädrigen Motorisierung um SUV. Besonders die Gentleman-Cabrios mit der elegant gewandeten Zwei-plus-Zwei-Besatzung in den familienfreundlichen, mobilen Terrassen zwischen zwei Achsen halten höflich, doch entschlossen dagegen.

An diesem Morgen sind wir zu viert sehr früh auf. Die Kühle des Morgens lässt die Hitze der Nacht nur noch ahnen, und über der uralten Eiche im stillen Winkel unseres Gartens liegt ein Hauch von Dunst. Alle unsere Probefahrt-Cabrios parken unter dieser Eiche, zu der unbedingt eine Geschichte gehört.

Um 1525 herum hatten hier am Rand des Spessarts die Häscher der Obrigkeit im Verlauf der Bauernunruhen an dieser Eiche den mutigen und frechen Achatz von Mechenhardt aufgeknüpft. Er hing einen halben Tag und eine ganze Nacht am Halse im Baum und war dennoch munter, als ihn die polnische Magd Donata abnahm und in ihre Kate schleppte. Vier Söhne schenkte Achatz ihr, und heute parkt eine dunkelrot glühende E-Klasse unter dem Baum. Sie ist gut geeignet für eine offene Ausfahrt in die Historie der großen Cabriolets und zum Verständnis der ewigen Sehnsucht nach dem schnellen Wind zwischen den Ohren und im empfindlichen Nacken. Mitunter gewinnen die stürmischen Lüfte bei voller Fahrt Zugang in die Beinkleider, was für erfrischende Momente sorgt. Dabei kommt es vor allem auf die richtigen Qualitäten von Wind und Ruhe an, die für das empfindsame Fahren über die Jahreszeiten hinweg zuständig sind.

47250338 Pflegt die Kultur der Offenheit: Mercedes-Benz E-200 Cabriolet

Aus der dachfreien Vergangenheit rollen mit dem Nebel der Erinnerung auf den ersten Positionen zwei familientaugliche Schweden heran: Volvo hatte seinen C70 Ende der 1990er Jahre voll auf Sicherheit getrimmt, unter der langen Haube glühte das fünfzylindrige Kaminfeuer des bullerigen Fünfzylinders, das war keine Rennmaschine, aber ein begnadeter Gleiter für die langen Strecken nach Süden, man stelle sich vor, und ein offener Fronttriebler, von Volvo, es war der Beginn einer neuen Zeit.

Der knappere Saab 900 war jederzeit ein wenig schärfer, mit skurrilen Kleidern und kleinen Vierzylindern, die den Vorteil hatten, überhaupt in den fast zierlichen Fronttrieblern ihr Unterkommen zu finden. Von 1986 bis 1994 überraschte der offene Saab 900 mit einem schalähnlichen Kragen auf dem Verdeckkasten und flottem Temperament, denn der Turbo 16 S Convertible lief fast 220 km/h (mit geschlossenem Verdeck), er bot 270 Newtonmeter Drehmoment, und man konnte den Turboschub an den Händen furchtsamer Beifahrerinnen erkennen: Sie klammerten sich irgendwo fest. Im Innenraum des offenen Saab lag viel Leder (wahrscheinlich von alten Elchen) auf Sitzen und an den Wänden der Karosserie. Deshalb roch es trotz hoher Frischluftzufuhr immer etwas streng im Saab. Beide Schweden hatten die Wichtigkeit eines dicklagigen Stoffverdecks erkannt. Nicht unwichtig war eine gewisse Eleganz der geschlossenen Sturmhauben, man traute ihnen die Festigkeit gegenüber dem kalten Fahrtwind des Nordens sofort zu. Sieben Jahre, von 1988 bis 1995, hielt der Chrysler Le Baron den Stürmen der Fahrt und des Lebens stand. Er war ein feiner, komfortbetonter und unaufgeregter Gleiter. Man durfte ihn nur nicht als echten Sportwagen interpretieren. Aber gilt das nicht für alle Familien- und Kleingruppen-Cabrios?

In 20 Sekunden zur Lichtgestalt

Am Himmel steht jetzt schon die frühe Sonne. Im Schatten unter der Eiche läuft sich das neue E 200 Cabrio ganz kurz warm, während es sich unter dem harten Geschimpfe der Raben, die grundlos um ihr Jungtier bangen, in ein Luftgedicht verwandelt. Rund zwanzig Sekunden währt der Übergang vom Stoffdach-Coupé zur wandelbaren Lichtgestalt. Nach oben lösen sich auf Knopfdruck die Zangen des Verdecks aus den Aufnahmen im Rahmen der Windschutzscheibe, hinten hebt sich der Deckel, das massive und Außenlärm unerwartet komplett wegdämmende Dach findet in der Rolle rückwärts seine Ablage, hat sich fein gefaltet und ruht schon eingedeckelt.