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RWE will weg vom Klumpenrisiko Innogy

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RWE-Chef Rolf Martin Schmitz

RWE-Vorstandschef Schmitz sucht nach alternativen Finanzanlagen. Er will neue Kraftwerke kaufen, um von höheren Strompreisen zu profitieren.

Wer in diesen Tagen mit Vertretern der Energiebranche redet, der ist schnell beim Thema Fusionen und Übernahmen. Diverse Szenarien und Marktgerüchte machen die Runde, oft angestoßen von findigen Investmentbankern. „Es laufen viele Menschen mit interessanten Ideen herum. Solch einen Stoß an Vorschlägen habe ich auf dem Tisch“, schmunzelt Rolf Martin Schmitz und markiert mit weit geöffneten Armen einen fiktiven Stapel von Aktenordnern.

Nicht zuletzt der überraschende Geldsegen aus der Rückerstattung der Kernbrennstoffsteuer eröffnet dem RWE-Vorstandsvorsitzenden unerwartet neue Spielräume. Rund 1,7 Milliarden Euro muss der Bund zurückzahlen. Davon gehen 615 Millionen Euro als einmalige Sonderausschüttung an die schwer gebeutelten Aktionäre, die zwei Jahre lang auf Dividenden verzichten mussten. Aber den überwiegenden Teil will der Vorstand nutzen, um Schulden abzubauen und die Finanzkraft des Konzerns zu stärken. Mit weiter gefestigter Bilanz könnten dann auch kleinere externe Wachstumsschritte folgen. „RWE steht für das Kerngeschäft Versorgungssicherheit, und das wollen wir auch durch die punktuelle weitere Abrundung des Portfolios untermauern“, erläutert Schmitz im Gespräch mit dieser Zeitung.

Damit meint er mögliche Zukäufe in den RWE-Kernländern Deutschland, Großbritannien oder den Beneluxländern, wo der Konzern in „flexible Assets“, also zusätzliche Kraftwerkskapazitäten, Energiespeicher und andere Themen rund um die Versorgungssicherheit investieren könne. „Unabhängig davon ist der Vorstand natürlich gehalten, alle Optionen zu prüfen, wenn sie denn Mehrwert für die Aktionäre schaffen“, wiegelt Schmitz konkretere Aussagen zu möglichen Übernahmezielen ab. Klar stellt er immerhin, dass ein Kauf des Düsseldorfer Konkurrenten Uniper, über den vor einigen Wochen spekuliert worden war, für RWE keine Option sei.

Die Diversifizierung von Finanzanlagen

Atomkraftwerke in Schweden und die Aktivitäten von Uniper in Russland passten nun einmal nicht zum Kerngeschäft von RWE, sagt Schmitz. Ein anderes vieldiskutiertes Szenario war das inzwischen von der Vorstandsvorsitzenden Isabelle Kocher verneinte Interesse des französischen Energiekonzerns Engie an der RWE-Mehrheitsbeteiligung Innogy. Knapp 77 Prozent der Tochtergesellschaft, in der RWE das Geschäft mit Energienetzen und Ökostrom sowie den Vertrieb ausgelagert hat, liegen noch beim Mutterkonzern.

Zum Börsengang hatte der Aufsichtsrat festgelegt, dass RWE vorläufig einen Anteil von wenigstens 51 Prozent behalten wird. Für Schmitz ist das nicht in Stein gemeißelt. „Innogy ist für uns eine Finanzbeteiligung, an die wir nicht dauerhaft gebunden sind“, sagt er. Die von seinem ehemaligen Chef Peter Terium geführte Gesellschaft ist mit einer Dividendenausschüttung von zuletzt rund 680 Millionen Euro derzeit die wesentliche Ertragsquelle des Mutterkonzerns. „Wir sind mit den Erträgen hochzufrieden. Doch man muss langfristig auch beachten, dass in dieser Abhängigkeit ein großes Klumpenrisiko liegen kann“, schildert Schmitz die andere Seite der Medaille.

„Wenn es strategisch sinnvoll ist, den Innogy-Anteil zu vermindern, um ein breiteres Finanzportfolio aufzubauen, werden wir das prüfen.“ Allerdings sei es im Moment nicht leicht, Alternativen zu finden, die vergleichbare Erträge abwürfen. Dass sich seine Überlegungen rund um Innogy weniger um Großakquisitionen drehen als um eine Diversifizierung von Finanzanlagen, hat auch mit den hohen Rückstellungen für die Braunkohle und den Rückbau der Atomkraftwerke zu tun. Ziel sei es, diese auf Sicht von fünf Jahren vollständig und in einer Zehn-Jahres-Perspektive zu 75 Prozent mit dem Finanzportfolio zu unterlegen. Dafür würden rund 8 bis 10 Milliarden Euro benötigt. „Wir wollen für unsere Verpflichtungen aus Braunkohle und Rückbau nicht unter Verkaufsdruck geraten“, sagt Schmitz.