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Gegen Kohle, Benzin-Autos und Massentierhaltung

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Rückbesinnung auf den Umweltschutz: Die Grünen betonen auf dem Parteitag ihren Markenkern.

Die Grünen dümpeln im Umfragetief. Den Ausweg suchen sie in einem Programm, das Wirtschaft und Umwelt versöhnen soll. Besonders wirtschaftsfreundlich klingen die Parteitagsbeschlüsse indes nicht.

Drei Monate vor der Bundestagswahl sind die Grünen in einer schwierigen Lage. Bei rund acht Prozent dümpelten sie zuletzt in Umfragen. Im aktuellen Sonntagstrend der „Bild am Sonntag“ verlor die Partei im Vergleich zur Vorwoche sogar noch einen Punkt und sank auf nur noch sieben Prozent. Die SPD stagnierte bei 25 Prozent und die Linkspartei lag weiterhin bei neun Prozent. Ein mögliches rot-rot-grünes Regierungsbündnis käme damit auf 41 Prozent – das ist der niedrigste Wert seit Januar.

Nachdem schon der Grünen-Parteitag im November wenig glanzvoll verlaufen war, steht nun der aktuelle Parteitag in Berlin, der an diesem Sonntag endet, abermals unter keinem besonders guten Stern. Trotzdem versuchen die Grünen, irgendwie aus dem Umfragetief zu klettern. Das soll durch Konzentration auf den Markenkern Umweltschutz gelingen. Die Forderungen klingen allesamt kaum danach, als würden sie in Wirtschaftskreisen Begeisterung hervorrufen. Dennoch betont der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter, dass Wirtschaft und Umweltschutz einander nicht länger ausschließen dürften.

Kohle-Beschlüsse enthalten einen Kompromiss

Die rund 800 Delegierten forderten unter anderem, die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort abzuschalten und die Verstromung von Kohle bis 2030 zu beenden. Im selben Jahr soll der Strom nach dem Wahlprogramm vollständig aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Mit den Kohle-Beschlüssen machten die Grünen Konzessionen gegenüber den möglichen Regierungspartnern Union und SPD, denn noch der Grünen-Parteitag im November hatte den Kohleausstieg schon für 2025 gefordert. Der jetzige Kompromiss sei zugleich radikal, realistisch und verantwortungsbewusst, sagte Spitzenkandidat Cem Özdemir. „Wir haben da hart gerungen jetzt, das ist unser Herzensthema.“

Die Delegierten stimmten ferner einem Antrag zu, wonach die unter Rot-Grün eingeführte Stromsteuer abgeschafft und in eine CO2-Bepreisung umgewandelt werden soll. Damit würde vor allem Kohlestrom teurer. Eine konkrete Zahl für den CO2-Preis in Deutschland wurde nicht genannt.

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Hofreiter betont Regierungswillen der Grünen und kritisiert Klimapolitik

Einen Beschluss gab es darüber hinaus zum Verbot der Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab 2030. Schon im vergangenen Herbst war die Idee dazu aufgekommen. „Die Automobilwirtschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn sie Fahrzeuge entwickelt, die sauber und leise sind und kein CO2 mehr verursachen“, so lautete die Argumentation damals. Die „Verkehrswende“ sei daher auch im Interesse der Autoindustrie, die sich mit dem Festhalten am Verbrennungsmotoer in eine Sackgasse manövriert habe.

Auch plädieren die Grünen für ein Ende der industriellen Massentierhaltung in den kommenden 20 Jahren. Die Delegierten des Parteitages billigten eine Passage für das Programm zur Bundestagswahl, in dem ein „Pakt für faire Tierhaltung“ vorgeschlagen wird. Der soll es ermöglichen, dass sich eine artgerechte Tierhaltung auch wirtschaftlich rechnet. „Man kann schon mit wenigen Cents beim Fleischpreis dafür sorgen, dass Tiere weniger leiden und Verbraucher besseres Fleisch auf den Tisch bekommen“, heißt es im Programm weiter. „Artenkiller“ wie das Pflanzenschutzmittel Glyphosat sollen nach dem Willen der Grünen verboten werden.

Die Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt forderte mit Blick auf den Klimawandel: „Hören wir auf, mit dem Selbstzerstörungsknopf der Erde zu spielen.“ Nur die Grünen seien Garant für mehr Umweltschutz, sagte Göring-Eckardt, die für ihre Partei eine Beteiligung an der Regierung nach der Wahl im September beanspruchte. Scharfe Angriffe richtete sie gegen den amerikanischen Präsidenten Donald Trump wegen des Ausstiegs der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaschutzabkommen.

Familienbudget und längere Elternzeit

Neben den Umwelt-Forderungen beschlossen die Grünen in ihrem Wahlprogramm zudem einige familienpolitische Punkte. Der wichtigste ist ein „Familienbudget“ in Höhe von 12 Milliarden Euro, um Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen. Daraus soll eine Grundsicherung von 300 Euro für jedes Kind je Monat finanziert und die bisherige Förderung zu einer einheitlichen Leistung für alle Kinder zusammengefasst werden.

Das Elterngeld, mit dem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert wird, soll nach dem Willen der Grünen von 14 auf 24 Monate verlängert werden. Jeder Elternteil erhält demnach acht Monate finanzielle Unterstützung, weitere acht Monate können frei zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Von dieser „Kinderzeit Plus“ sollen Eltern profitieren können, bis die Kinder 14 Jahre alt sind.