Wirtschaft

„Der Brexit wird für die Briten teurer als für die Deutschen“

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Ein Mottowagen mit der britischen Premierministerin Theresa May auf dem Rosenmontagsumzug in diesem Jahr in Düsseldorf.

Wie schlimm ist der Austritt der Briten aus der EU für die deutsche Wirtschaft? Fachleute haben im Auftrag der Bundesregierung nachgerechnet.

Die Folgen des britischen EU-Austritts sind nach einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie verkraftbar für Deutschland. Komme es nicht zu einem bilateralen Abkommen zwischen EU und Großbritannien, dann würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt langfristig lediglich um 0,2 Prozent geringer ausfallen, heißt es in dem an diesem Freitag veröffentlichten Gutachten des Münchner Ifo-Instituts für das Wirtschaftsministerium.

„Der Brexit wird auf jeden Fall deutlich teurer für das Vereinigte Königreich als für Deutschland“, erklären die Experten darin. Demnach würde die britische Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent schrumpfen. Einigen sich beide Seiten dagegen auf ein umfassendes und ambitioniertes Freihandelsabkommens, würde das britische Bruttoinlandsprodukt nur um 0,6 Prozent und das deutsche um 0,1 Prozent zurückgehen.

Vorteil für Finanzgewerbe

„Auch unter ungünstigen Bedingungen dürfte der Brexit laut Studie für die Wirtschaft in der EU und insbesondere für die deutsche Wirtschaft verkraftbar bleiben“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Dafür sprächen auch die aktuell guten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die günstigen konjunkturellen Aussichten. „Dennoch können sich insbesondere für einzelne Branchen ungünstigere Entwicklungen einstellen“, sagte die Ministerin.

Am meisten zu verlieren haben in Deutschland die Pharma-, Kraftfahrzeug- und Maschinenbauunternehmen. Sie exportieren besonders viel in das Vereinigte Königreich und würden beispielsweise unter der Einführung von Zöllen leiden. Großbritannien ist nach den Vereinigten Staaten und Frankreich der wichtigste Absatzmarkt für Waren „Made in Germany“: Güter im Wert von 86 Milliarden Euro wurden 2016 dort verkauft.

Einige wenige Branchen könnten vom Brexit der Analyse zufolge sogar profitieren. „Der Finanzsektor in Deutschland könnte geringfügig gewinnen, doch sind die möglichen Wertschöpfungseffekte in allen Szenarien klein“, erwarten die Ifo-Fachleute. „Im besten Fall beträgt der Zuwachs 0,7 Prozent.“ Einige Banken planen, Personal aus der Finanzmetropole London abzuziehen und nach Deutschland zu verlegen, um sich den Zugang zum EU-Markt zu sichern.

Die Briten hatten sich vor einem Jahr in einem Referendum für einen EU-Austritt ausgesprochen. Premierministerin Theresa May hat für den 8. Juni eine vorgezogene Parlamentswahl angesetzt, um ihre Mehrheit auszubauen und so ihre Position in den Verhandlungen mit der EU zu stärken. Ihr Vorsprung ist Umfragen zufolge zuletzt aber geschmolzen.

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