Ausland

Deutsch-türkischer Streit verschärft sich

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Der türkische Präsident Erdogan gibt sich gelassen.

Außenminister Gabriel schaltet sich in den Konflikt um die in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten ein. Der türkische Präsident Erdogan reagiert auf seine Art.

Unmittelbar vor dem Nato-Spitzentreffen gewinnt der Streit um Besuche von Bundestagsabgeordneten in der Türkei an Schärfe. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) warf der Regierung in Ankara am Mittwoch vor, ein „Einreiseverbot“ gegen Parlamentsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) und drei weitere Abgeordnete verhängt zu haben. Dies sei ein „schwerwiegender Vorgang“.

Die Abgeordneten wollten Gespräche in Ankara, Istanbul und Diyabakir führen. Nachdem die türkische Seite ihnen klar gemacht hatte, dass sie unerwünscht seien, sagten sie die Reise ab. „Es handelt sich hier um ein Einreiseverbot für die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags“, sagte Gabriel.

Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan meldete sich zu Wort – auf seine eigene Art. Vor seiner Abreise zum Nato-Gipfel in Brüssel sagte er im Hinblick auf einen möglichen Abzug der Bundeswehrsoldaten von der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik: Zwar habe die türkische Regierung keine Mitteilung über einen etwaigen Abzug bekommen. „Wenn sie so etwas aber machen sollten, ist das für uns kein großes Problem. Wenn sie gehen, dann sagen wir eben ,Auf Wiedersehen‘. Nichts weiter.“

Streitpunkt Luftwaffenbasis Incirlik

Vor wenigen Tagen war Mitgliedern des Verteidigungsausschusses der Besuch der deutschen Soldaten in Incirlik untersagt worden. Die Bundesregierung erwägt deswegen den Abzug der rund 260 Soldaten, die sich von dort aus mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beteiligen. Gabriel hatte die Drohung vor kurzem auf deutsche Soldaten in Konya ausgeweitet. Sie beteiligen sich an Nato-Aufklärungsflügen mit Awacs-Maschinen.

Der deutsch-türkische Streit könnte – zumindest aus deutscher Sicht – den Nato-Gipfel am Donnerstag überschatten. Staats- und Regierungschefs sowie Minister aus allen 28 Nato-Staaten werden in Brüssel erwartet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Erdogan werden sich in Brüssel möglicherweise zu einem bilateralen Gespräch treffen, um über den Incirlik-Streit zu reden. Auch Gabriel und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu werden in Brüssel erwartet, ebenso Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Bereits vor dem Nato-Treffen wurde bekannt, dass die Nato künftig deutlich stärker in den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eingebunden werden soll. Der deutsch-türkische Streit könnte sich auch auf das Bündnis auswirken. Sollte er weiter eskalieren und dazu führen, dass deutsche Soldaten aus der Türkei abgezogen werden, könnte auch die Ausweitung des Awacs-Einsatzes infrage stehen. Deutschland stellt rund ein Drittel der Soldaten für die Einsätze der Radaraufklärungsflugzeuge.