Auto & Verkehr

Aber bitte mit Sahne

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Ich bin schon groß: Der neue Ford Fiesta wird erstmals auch in der besonders luxuriösen Vignale-Ausstattung zu kaufen sein.

Ford setzt auf Kunden, die gerne mehr Geld für die Lust am Luxus ausgeben wollen, und lädt zum Aufstieg in die feinere Vignale-Welt ein. Wir sind diesem Aufruf gefolgt.

Mehr Bewegung war noch selten in der Welt des Autos. Dabei sorgen nicht nur die beiden Großthemen Elektroantrieb und autonomes Fahren für kreative Unruhe an Stamm- und Vorstandstischen. Hier geht es um den anhaltenden Boom der SUVs, um den Trend zu mehr Raffinesse im Auto und den Wunsch nach dem Abstand zum Gewohnten.

Denn die Prioritäten in der etwas abgekühlten, aber doch unverwüstlichen Liebe zum Auto haben sich geändert. Bei Ford (und anderen Herstellern, siehe weiteren Artikel auf dieser Seite) melden sich Kunden mit neuen Ansprüchen: Der Wunsch nach dem kleineren, aber nicht unbedingt billigeren Vehikel-Format wird immer drängender, es darf zudem auch das etwas andere Auto sein. Und statt lauter Forderungen nach üppiger Leistung unter der Haube steigt die ruhige Lust am Luxus im Innenraum. Kunden gehen nach der Devise vor: also die Motorisierung und das Format lieber eine Nummer kleiner wählen, aber dann bitte mit Sahne.

Ein Plus von 24 Prozent

Anspruchsvolle Kunden wollen auch im Auto-Massenmarkt individueller umsorgt werden. Wer sein Auto nicht im Internet und damit fast anonym kauft, der will seinem Verkäufer in die Augen blicken und von ihm freundlich begrüßt und gut beraten werden. Es scheint, als könnte der Kontakt zum Autohaus wieder enger werden, zumal kluge Verkäufer eher geduldig beraten, als Verträge zu keilen.

Diese Veränderungen bleiben nicht ohne Folgen für Hersteller, Verkäufer und Service. Für Ford in Deutschland und für Ford of Europe sind diese Bewegungen gute Gründe für frischere Ideen. Dazu gehört ein Segmente übergreifendes SUV-Angebot. Mit Eco Sport, Kuga und jetzt auch mit dem Edge ist Ford nicht ohne Grund in drei SUV-Hierarchien präsent. Belege für diese Bemühungen liefern die Statistik und die Verkäufer-Erfahrungen. Im Jahr 2016 wurden nach Ford-Angaben rund zwei Millionen SUVs in Europa verkauft, im Vergleich zu 2015 ist das ein Plus von 24 Prozent.

Design-Schliff und einer loungeähnlichen Innenraumgestaltung

Und es könnte so weitergehen. Im Jahr 2020 werden fünf Millionen SUVs neu auf europäischen Straßen erwartet, sie erreichten dann einen Marktanteil von ungefähr 30 Prozent der Neuzulassungen. In Deutschland liegt der Marktanteil bei den Neuwagen jetzt bei gut 20 Prozent. Nur das Segment der Kompaktwagen ist größer.

Doch es geht nicht nur um die massenhafte Vermehrung, sondern auch um neue Definitionen von Luxus. Salvatore Campolo, Ford-Manager, will höherwertige Produkte (zu höheren Preisen) an die Frau oder den Mann bringen und zudem die Beziehungen zwischen Autohaus (Ende 2017 soll es rund 500 Ford-Stores in Europa mit der neuen Kundenbeziehung geben) und Kunden auf die Vignale-Linie einschwören. Die Läden sind zu erkennen am aufwendigeren Design-Schliff und einer loungeähnlichen Innenraumgestaltung mit hoher Wertigkeit und penibler Verarbeitung.

„Nachfrage nach höherwertig ausgestatteten Fahrzeugen“

Dazu werden laut Ford geliefert: Premiumbetreuung, großzügiges Servicepaket, Hol- und Bringservice bei Werkstattterminen, Service-Leihwagen, Gratis-Wagenwäsche bei regelmäßiger Wartung durch den betreuenden Händler und die Aktivierung der Vignale-Smartphone-App, mit der sich zum Beispiel der geparkte Ford besser finden lässt, Notfallhelfer gerufen werden und sich ein Reise- und Eventservice nutzen lässt. Nicht fehlen darf eine Vignale-Linie mit Accessoires für die Reise, alles Gegenstände, die es längst in bester Qualität zu kaufen gibt.

Da darf man keine kostenlosen Umarmungsrituale erwarten, auch Ford will im Lauf der Verbindung von Marke und Kunde seine Autos verkaufen, aber die gesamte Atmosphäre soll einer – natürlich nicht ganz kostenfreien – sozial-mobilen Beziehungskette ähneln. Daraus wiederum soll eine intensivere Nähe zur Marke (und zur Werkstatt mit ihren Service-Angeboten) sowie die Bereitschaft des Kunden resultieren, mehr Euro in einen neuen Ford Vignale zu investieren. „Es gibt eine wachsende Nachfrage nach höherwertig ausgestatteten Fahrzeugen“, sagt Ford-Manager Campolo. Die sollen die Vignale-Versionen mit handwerklicher Qualität und Liebe zum Detail befriedigen.

Ford-Kunden mit einer Vignale-Version verzücken

Derzeit bietet Ford vier Vignale-Modelle an. Sie sind kein Billigangebot. Der Mondeo Vignale mit 2-Liter-Benziner und 203 PS kommt für 41125 Euro, das sind 6000 Euro mehr, als für die bisherige Spitzenversion Titanium in der Liste notiert werden. Und beim heißbegehrten Kuga (Titanium 27850 Euro) kommt das Vignale-Visum für etwa 7000 Euro plus. Der neue, kantig-große Edge will mit 53 300 Euro bezahlt werden, für den schicken S-Max Vignale werden 44 000 Euro gefordert.

Und auch der noch in diesem Sommer neu startende Kleinwagen-Klassiker Fiesta soll fortan die Ford-Kunden mit einer Vignale-Version verzücken. Ob die (neue) Ford-Klientel diesen Vignale-Weg zu einer höheren Positionierung der gesamten Marke mitgeht, muss sich erst noch zeigen. Auf den ersten Blick wirkt die Vignale-Aktion konventionell, etwas hausbacken und nicht mit frischer Pfiffigkeit erfüllt. Mit dem Eintritt des Fiesta in die Vignale-Welt könnte sich das ändern. Es muss aber abgewartet werden, ob die Kunden in diesem Segment bereit sind, für einen schöneren Ford mehr Geld auszugeben. Aber mehr Bewegung war in der Autowelt wirklich selten zuvor.