Inland

Gefahr für die Demokratie oder Partei ohne Bedeutung

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Teilnehmer einer NPD-Kundgebung in Leipzig: Verbietet das Bundesverfassungsgericht die Partei?

In dieser Woche entscheidet das Bundesverfassungsgericht über ein mögliches NPD-Verbot. Vieles deutet darauf hin, dass die Partei mittlerweile zu unbedeutend ist, um verboten zu werden.

Am kommenden Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über ein Verbot der NPD. In Bund und Ländern herrscht Skepsis, ob die Partei im zweiten Anlauf verboten werden kann. So äußerte jüngst die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, dass sie sich auf ein Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens einstelle. Politisch ist die Partei kaum noch von Bedeutung, ist in keinem Landtag mehr vertreten. Dabei ist unbestritten, und das trat auch während der dreitägigen mündlichen Verhandlung in Karlsruhe zutage, dass die Partei verfassungsfeindliche Tendenzen aufweist. Die Argumentation der Vertreter der NPD, die Partei sei nicht rassistisch, sondern unterscheide nur zwischen Staatsangehörigen und ethnischen Deutschen, verfing offenbar nicht. Berichterstatter Peter Müller, der frühere langjährige Ministerpräsident des Saarlands, äußerte gar, das Programm der NPD gehe über das der NSDAP hinaus. Nach den Bestimmungen des Grundgesetzes kann eine Partei nur verboten werden, wenn sie „darauf ausgeht“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

Eine „aktive, kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen zum Verbot der „Sozialistischen Reichspartei“ sowie der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in den fünfziger Jahren verlangte, kann man zum Teil in der NPD noch ausmachen. Aber auch aktuelle Verfassungsschutzberichte aus den Ländern belegen das nicht durchgehend. Zudem verlangt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dessen Rechtsprechung die Karlsruher Richter zu berücksichtigen haben, eine Art Verhältnismäßigkeit eines Verbots und damit eine Bedrohung des Staates durch die betroffene Partei. Eine konkrete Gefahr der Machtübernahme ist allerdings auch nach der Straßburger Rechtsprechung keine Bedingung für ein Parteiverbot.

Der Bundesrat hatte nach Aufforderung durch das Bundesverfassungsgericht im August 2015 noch Belege eingereicht, die belegen sollen, dass die NPD eine „Atmosphäre der Angst“ schaffe. Dies führe in bestimmten Gegenden Ostdeutschlands zur Beeinträchtigung demokratischer Prozesse. Der Schriftsatz nennt Beispiele für Einschüchterung, Bedrohung und Angriffe auf politische Gegner.

To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that Andreas Voßkuhle die tatsächliche Wirkungsmacht der NPD einschätzt. Um eine Partei zu verbieten, muss eine qualifizierte Mehrheit des Senats dafür stimmen. Wenn also drei Richter der Partei zu geringen Einfluss beimessen, scheitert der Antrag. Die Bedeutung der Partei hat seit Beginn des Verfahrens kontinuierlich abgenommen. Im September vergangenen Jahres ist die NPD auch aus dem Landtag in Mecklenburg-Vorpommern ausgeschieden. In der mündlichen Verhandlung versuchten Vertreter des Bundesrates darzulegen, warum sie Partei dennoch für gefährlich halten. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) führte aus, die NPD spiele auch im Westen Deutschlands eine „herausragende Rolle in der Richtungs- und Themenbestimmung im rechtsextremistischen Bereich“. Doch im Bericht des bayerischen Verfassungsschutzes heißt es, die Partei sei geprägt von Mitgliederschwund und desolater Finanzsituation.