Experten bezweifeln, dass sich teure Elektro- und Hybridautos angesichts des niedrigen Rohölpreisesrasch durchsetzen werden. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: Ökoautos verkaufen sich gut, wenn sie mehr bieten als niedrigen Verbrauch.
Das Elektroauto befindet sich im „Markthochlauf“. Zumindest nach Meinung der „Nationalen Plattform Elektromobilität“, einer Kommission aus Regierungs- und Industrievertretern sowie einigen Wissenschaftlern. Doch angesichts des niedrigen Rohölpreises stellen Experten zunehmend in Frage, ob sich teure Elektro- und Hybridautos rasch durchsetzen. Tesla-Chef Elon Musk bestritt auf der Automesse in Detroit einen Zusammenhang – doch der Aktienkurs fiel an einem einzigen Tag um sieben Prozent. Ein Blick zurück in die Geschichte des Automobils zeigt allerdings, dass allein Verbrauch und Umweltverträglichkeit selten über den Verkaufserfolg entschieden haben.
Schon als das Wort „Ökologie“ noch nicht gebräuchlich war, bemühten sich eifrige Konstrukteure darum, den Verbrauch von Kraftfahrzeugen zu senken. So bot Mercedes-Benz 1936 mit dem 260D das erste Fahrzeug mit Dieselmotor an. Aus Perspektive der Zeitgenossen handelte es sich um einen „alternativen Antrieb“, dem man einiges Misstrauen entgegenbrachte. Auch an der aerodynamischen Gestaltung der Fahrzeugkarosserie wurde bereits vor dem Zweiten Weltkrieg intensiv gearbeitet. Edmund Rumpler entwarf schon 1921 den Tropfenwagen, dessen exotische Gestalt noch heute im Deutschen Museum bewundert werden kann. Er erreichte einen cW-Wert von 0,28. Mit einer deutlich konventionelleren Karosserie schaffte im Jahr 1939 der K1, ein Prototyp des Stuttgarter Forschungsinstituts FKFS, einen heute noch sensationellen cW-Wert von 0,23. Allerdings erging es diesen Entwicklungen wie dem Dieselmotor: Es dauerte noch Jahrzehnte, bis sie sich durchsetzten.
Im Wirtschaftswunder-Deutschland der fünfziger und sechziger Jahre waren andere Werte gefragt: Es galt zunächst, überhaupt ein Auto zu besitzen. Und wer eines sein Eigen nennen konnte, nahm gern bald ein größeres. Ernsthaftes Nachdenken über umweltverträgliche Autos begann erst wieder mit der ersten großen Ölkrise im Jahr 1973. Wie schnell die Meinung umschlug, lässt sich am Schicksal des im selben Jahr vorgestellten BMW 2002 turbo belegen. Der 170-PS-Wagen war der erste deutsche mit Abgasturbolader und verheimlichte dies nicht: Auf dem Frontspoiler stand die Modellbezeichnung in Spiegelschrift, auf dass man beim Blick in den Rückspiegel rasch die linke Spur freigeben möge. BMW wurde für das „unzeitgemäße“ Modell öffentlich harsch kritisiert und stellte es ein Jahr später wieder ein.
… und einem Dreizylinder-Benziner mit Getriebe hintenBilderstrecke
In den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industrie begann eine intensive Suche nach neuen Antriebs- und Spartechnologien. Damals wurden die Grundlagen für viele Technologien gelegt, mit denen die Branche heute den Verbrauch unter dem Mandat strenger CO2-Richtlinien absenken will: Direkteinspritzung, Aufladung, Getriebe mit weitem Übersetzungsbereich, Leichtbau – und sogar die ersten modernen Elektroautos. Einige dieser Entwicklungen kamen dann in den achtziger Jahren in Serie. So gab es verschiedene Modelle von Audi und Volkswagen in einer „Formel E“-Ausführung, wobei das „E“ nicht für elektrisch, sondern für „Economy“ stand. Technisch steckte dahinter vor allem die Aufrüstung der Drei- und Vierganggetriebe um einen zusätzlichen, besonders lang übersetzten Gang. Da der Verbrauch damals im sogenannten Drittelmix (Stadtverkehr, Landstraße bei konstant 90 km/h und Autobahn bei 120 km/h) gemessen wurde, war diese Maßnahme besonders wirksam. Außerdem konnte der Motor an einer roten Ampel per Knopfdruck abgestellt werden.
Video-Fahrbericht: BMW i8
Viel erfolgreicher als diese Sonderausstattungen war der flächendeckende Wandel vom Vergaser- zum elektronisch geregelten Einspritzmotor. Zwar wurde dieser von der Industrie vor allem unter dem Aspekt der Leistungssteigerung verkauft. Lange Zeit prangte ein stolzes „i“ (für „Injection“) hinter der Modellbezeichnung. Doch der Verbrauchsvorteil war in ganzen Litern zu messen.