Unternehmen

Bauwirtschaft und Politik: Schwierige Baustelle

• Bookmarks: 1


Holzmann-Rettung, Elbphilharmonie, BER-Pleite: Kaum eine Branche hat Aufstieg und Fall so erlebt wie die Bauwirtschaft. Ihr Verhältnis zur Politik ist kompliziert. Nicht erst seit Roland Kochs Rücktritt bei Bilfinger.

Es gibt in der Berliner Verbands- und Lobbyistenwelt zwei Arten von Veranstaltungen: die, zu denen die Kanzlerin kommt, und die anderen. Angela Merkel auf der Gästeliste zu haben, ist für jeden Funktionär ein Volltreffer. Wenn sie redet, kommen mehr Journalisten, mehr Kameras, und die anderen Gäste haben das gute Gefühl, etwas Bedeutsamem beizuwohnen. So war es auch Ende Mai, als die Bauindustrie in den ehemaligen Flughafen Tempelhof geladen hatte. Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, hatte sich erst geschmeichelt gezeigt, dass sich die Kanzlerin abermals die Ehre gab – und ihr dann, höflich im Ton, eine Ladung Beschwerden vor die Füße gekippt: Die Regierung investiere zu wenig in Straßen und Brücken, die energetische Gebäudesanierung komme nicht genug voran, und die Risiken bei Großprojekten seien ungerecht verteilt.

„Sie haben viele Bitten an uns“, entgegnete die Kanzlerin, „Ich habe eine an Sie: Machen Sie keine Kostenvoranschläge für öffentliche Bauten, von denen Sie schon vorher wissen, dass es echt eng wird.“ Erster Treffer. „Wir sind natürlich gehalten, das billigste Angebot zu nehmen. Aber der Weg, erst anzufangen und dann zu sagen, nun sind wir schon so weit, nun müssen wir weitermachen, wird beiden Seiten – der Politik und der Wirtschaft – auf Dauer nicht guttun und Deutschland insgesamt einen großen Reputationsschaden zufügen.“ Zweiter Treffer. „Wir haben für Infrastrukturinvestitionen fünf Milliarden Euro mehr in dieser Legislaturperiode veranschlagt. Ich hoffe einmal, dass dies nicht durch Mehrkosten bei einzelnen Projekten wieder aufgefressen wird.“ Versenkt. Vertrauensvolles Miteinander klingt anders.

Das Verhältnis zwischen Politik und Bauwirtschaft ist kompliziert. Und in fast allen Konflikten lautet die Diagnose: Vertrauensverlust. Da gab es große Verbrüderungsszenen, etwa als SPD-Kanzler Gerhard Schröder im November 1999 die Rettung des Baukonzerns Holzmann verkündete und die Arbeiter vor Freude weinten – zumindest jene, die nicht gerade „Gerhard, Gerhard“ skandierten. Nur gut zwei Jahre später folgte der spektakuläre Konkurs. Ganz anderer Natur war das Zusammenspiel von Politik und Bau, als der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) vor drei Jahren die Wiesbadener Staatskanzlei verließ, um Vorstandschef des Mannheimer Baukonzerns Bilfinger zu werden. Doch auch diese Liaison nahm kein gutes Ende: Am vorigen Montag trat Koch zurück. Nach zwei Gewinnwarnungen war das Vertrauen in ihn erschüttert. Ist einfach der Manager Koch gescheitert? Oder liegt es auch an der Branche? Ist etwas faul am Bau?

Kopie von Baukonzern-Holzmann-Schröder Verbrüdert: Gerhard Schröder genoss die „Gerhard, Gerhard”-Rufe der Bauarbeiter vor der Holzmann-Zentrale in Frankfurt als er im Jahr 1999 den Baukonzern rettete – es half aber nicht lange.

Im letzten Vierteljahrhundert erlebte der Bau Aufstieg und Fall wie kaum eine andere Branche in Deutschland. Die Wiedervereinigung brachte einen gigantischen Boom und neue Umsatz- und Beschäftigungsrekorde, nicht nur in den neuen Ländern. Mitte der neunziger Jahre aber fiel die Branche in ein tiefes Jammertal. Im darauffolgenden Jahrzehnt ging der Umsatz der Betriebe 30 Prozent zurück- die Zahl der Beschäftigten halbierte sich auf 700 000. Der Bau schrumpfte zu einer Branche ohne Perspektive. Denn wie soll man Nachwuchs gewinnen, wenn man so am Boden liegt? In Sorge um die Zukunft wollte der Hauptverband der Bauindustrie 2007 vom Meinungsforschungsinstitut Allensbach wissen, wie das Image der Branche sei.