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NSU-Prozess: Zschäpes Verteidiger in der Zwickmühle

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Beate Zschäpes Verteidiger im NSU-Prozess sind in einer vertrackten Lage. Weitere Kritik am Führungsstil des Vorsitzenden Richters wäre kontraproduktiv. Doch das Vertrauen ihrer Mandantin wollen sie auch nicht endgültig verspielen.

Der Vorsitzende Richter im NSU-Prozess, Manfred Götzl, ist auf Verurteilungskurs. In den bisherigen 135 Verhandlungstagen mit knapp 300 Zeugenvernehmungen gab es kaum Anzeichen dafür, dass Götzl von seiner Auffassung zu Beginn des Prozesses abweicht, als er die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen hat. Das sehen sogar die Verteidiger so. Zehnfacher Mord in Mittäterschaft, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, schwere Brandstiftung: Das gebe lebenslang – und Sicherungsverwahrung wohl obendrauf. Zwar hat Götzl zu keinem Zeitpunkt einen Hinweis gegeben, wie er die Dinge sieht. In den Zeugenvernehmungen konzentriert er sich jedoch eher auf belastende Umstände als auf entlastende. So befragte er vergangene Woche einen Zeugen zu diversen Angaben in einem polizeilichen Vernehmungsprotokoll- auf einen Punkt im Protokoll kam er aber gar nicht zu sprechen: dass „alle drei nicht den Eindruck erweckten, im Untergrund zu leben“. Dabei könnte diese Wahrnehmung doch darauf hindeuten, dass Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe nicht so abgeschottet lebten, wie der Generalbundesanwalt meint. Der Ansatz, Zschäpes „Legendierung“ sei ein wesentlicher Beitrag für die Morde, würde einen kleinen Bruch bekommen. Es wäre nicht so einfach, die Hauptangeklagte als Mittäterin zur Verantwortung zu ziehen.

Zschäpes Verteidiger ärgern sich über Götzls Fragetechnik. „Er liest dem Zeugen den Akteninhalt vor. Wenn der Zeuge nickt, ist der Punkt für Götzl eingeführt“, sagt der Verteidiger Wolfgang Stahl. „Dabei ist nicht die Akte das Beweismittel, sondern allein der Zeuge und seine Erinnerung.“ Es stimmt zwar, dass ein Vorhalt aus der Akte allein dazu dienen darf, dass der Zeuge sein Gedächtnis auffrischt. Als Beweis darf dann nur die Aussage in der Hauptverhandlung selbst dienen. Allerdings nehmen es die Gerichte in der Praxis damit nicht so genau – und der Bundesgerichtshof lässt sie gewähren. Götzl kann die Rügen der Verteidigung einfach übergehen und läuft trotzdem nicht Gefahr, dass das Urteil aus diesem Grund aufgehoben wird.

Der Höhepunkt einer steilen Karriere

Ähnlich konnte Götzl mit dem Befangenheitsantrag verfahren, den Verteidiger zu Anfang des Prozesses gestellt haben: gegen die allmorgendliche körperliche Durchsuchung am Gerichtseingang. Weil weder die Bundesanwälte noch die Richter sich dieser Prozedur unterziehen müssen, sehen sich die Verteidiger „bewusst diskriminiert und desavouiert“. Auch in diesem Punkt kam ihnen Götzl nicht einen Millimeter entgegen. Und auch hier wird in der Revision nichts zu gewinnen sein. Zwar muss nach dem Gesetz ein Urteil aufgehoben werden, an dem ein Richter mitgewirkt hat, der wegen Befangenheit an sich hätte ausgeschlossen werden müssen. Damit der Bundesgerichtshof Götzl aber als befangen ansieht, muss er sich mehr leisten als Sicherheitsmaßnahmen am Gerichtseingang. „Niemand wird ‚unter dem Blickwinkel der Revision‘ eine solche Befangenheitsrüge ernst nehmen. Sie nützt nichts, und bestenfalls fügt sie der Revision im Übrigen keinen (zumindest psychologischen) Schaden zu“, heißt es im Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung.