Gesellschaft

Ebola in Westafrika: Ein Virus gerät außer Kontrolle

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Die Ebola-Epidemie betrifft inzwischen ganz Westafrika. Das hochansteckende Virus verbreitet sich aggressiv weiter. Allein in Guinea sind bislang 267 Menschen an der Krankheit gestorben.

Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist nach Ansicht der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) inzwischen „außer Kontrolle geraten“. In den betreffenden drei Ländern Liberia, Sierra Leone und Guinea gebe es mittlerweile 60 „aktive Herde“, sagte der Einsatzleiter der Hilfsorganisation, Bart Janssens, in Dakar. Nach eigenen Angaben hat MSF 300 einheimische und ausländische Helfer im Einsatz, ohne aber der Situation Herr werden zu können. Folglich sei mit einer weiteren Ausbreitung des Virus zu rechnen. „Diese Epidemie ist aufgrund ihrer geografischen Ausdehnung, der Zahl der Infizierten und der Zahl der Toten ohne Beispiel“, sagte der belgische Arzt.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind seit dem Ausbruch der Epidemie zu Beginn dieses Jahres in Guinea 567 Menschen mit hämorrhagischem Fieber, dem typischen Symptom einer Ebola-Infektion, registriert worden. Bei 385 von ihnen habe sich der Verdacht auf Ebola bestätigt. 350 Patienten seien bislang gestorben. Am schlimmsten traf es Guinea mit 267 Toten. Damit ist die Ebola-Epidemie in Westafrika die tödlichste seit der Entdeckung des Virus im Jahr 1976.

Virus überträgt sich über Körperflüssigkeiten

Damals waren in Yambuku im Norden Kongos, der damals noch Zaïre hieß, 280 Menschen an dem Virus gestorben. Vor allem die Mobilität der Menschen im Dreiländereck mache eine Eindämmung der Epidemie so schwierig, sagte Janssens: „Die Leute besuchen Beerdigungen und Hochzeiten und gehen weite Wege dafür.“ Bei Beerdigungen etwa wird der Leichnam gründlich gewaschen und vor der Grablegung von der Verwandtschaft umarmt. Das Virus überträgt sich vor allem über Körperflüssigkeiten.

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Ein anderer Grund für die rasche Ausbreitung der Krankheit scheint aber auch das Misstrauen der Bevölkerung sowohl gegenüber Anordnungen der eigenen Verwaltung als auch gegenüber fremden Ärzten zu sein. Wer beispielsweise mit einem Ebola-Infizierten in Kontakt gekommen ist, muss zwangsläufig eine Quarantänezeit über sich ergehen lassen. Solche Kontakte werden laut MSF aber nicht gemeldet, um genau diese Quarantäne zu umgehen. Die Behörden scheinen machtlos gegen die Ausbreitung des Virus zu sein.

Senegal hat Grenzen nach Guinea geschlossen

In Guinea zählen der Distrikt von Guéckédou an der Grenze zu Sierra Leone und die Hauptstadt Conakry zu den am härtesten getroffenen Regionen. Gleichzeitig aber finden sich in Guinea auch Herde nahe der senegalesischen und der malischen Grenze, womit das Virus sich durch das halbe Land verbreitet hat. In Sierra Leone wiederum sind es die Bezirke von Kambia im Norden und Kailahun und Kenema im Süden, aus denen Ebola-Meldungen kommen. Die in Liberia bislang aufgetretenen Fälle konzentrieren sich vor allem auf die Umgebung der Hauptstadt Monrovia. Die senegalesischen Behörden haben bis auf weiteres alle Grenzübergänge nach Guinea geschlossen.

Die Epidemie ist der erste große Ausbruch von Ebola in Westafrika. Das mag einer der Gründe sein, warum sowohl die Behörden als auch die Bevölkerung die Gefahr dieser Krankheit offenbar unterschätzen. Hinzu kommt, dass das in Westafrika beheimatete Ebola-Virus, das Côte-d’Ivoire-Ebola, als weniger tödlich als die drei anderen afrikanischen Ebola-Arten gilt. Das hat offenbar zu sorgloserem Umgang mit der Krankheit geführt. Im Vergleich zu den anderen drei afrikanischen Ebola-Arten (Zaïre-Ebola, Sudan-Ebola und Bundibugyo-Ebola), bei denen bis zu 90 Prozent aller Infizierten sterben, liegt die Mortalität des nach der Elfenbeinküste benannten Côte d’Ivoire-Ebola bei 60 Prozent aller Infizierten.