Essen & Trinken

Köchin Rosanna Marziale: Eine der Besten

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Schon als Kind wollte Rosanna Marziale das Restaurant der Familie übernehmen. Doch vorgezeichnet war ihr Weg nicht. Mit Raffinement auch in der Küche erreichte sie ihr Ziel.

Schon im Alter von 16 Jahren wurde sie ins Arbeitsleben geworfen. Der berufliche Werdegang von Rosanna Marziale beginnt dramatisch: Ihr Vater, Inhaber des Restaurants „La Bomboniera“, stirbt unerwartet, und drei große Feste, die schon seit langem geplant sind, müssen noch am selben Tag organisiert werden. Von da an bleibt Rosanna nichts anderes übrig, als schon früh gemeinsam mit ihrem ein Jahr älteren Bruder das Restaurant der Familie zu führen.

Wer der mittlerweile 45 Jahre alten Sterneköchin aus Caserta heute gegenübersteht, erkennt schnell, dass sich hinter der hübschen, ja fast zarten Erscheinung eine entschlossene Frau verbirgt. Der Mut von Rosanna Marziale, kulinarische Gewohnheiten aufzubrechen, die Italiens Restaurantszene wie vielleicht in keinem anderen Land prägen, zeigt sich schon auf der Speisekarte – und in der Art, den Gast auf das Menü vorzubereiten.

Sich vollkommen einzulassen auf den sinnlichen Genuss, die Welt außen vor zu lassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – dazu bietet Rosanna Marziale einen ungewöhnlichen Einstieg an. Wasser und Brot, Grundnahrungsmittel des Menschen, rückt sie ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Zurück zu den Wurzeln! Mit Kopfhörern abgeschirmt auch vom Ge murmel der anderen Gäste, beginnt eine Reise in die Vergangenheit zu jener Nahrung, die über Jahrtausende das Überleben der Menschheit sicherte. Es gilt, Feinheiten zu erkennen, die Sinne zu schärfen, dem Perlen des Wassers zu lauschen, seine Transparenz zu erfassen, das zarte Gluckern beim Eingießen wahrzunehmen, die besondere Krume des Brötchens zu ertasten und dem Knistern des Teigs beim Auseinanderbrechen zu lauschen.

Sie stellt die Traditionen Kampaniens auf den Kopf

Gebacken wurde hier nicht mit Hefe als Triebmittel, sondern mit der Milchsäure der Mozzarella. Ist das typisch weibliche Aufmerksamkeit, die man der Nahrung wie dem Menschen entgegenbringt? Oder bleibt es nur ein Scherz? Für Rosanna Marziale ist das kleine Hörspiel als „Gruß aus der Küche“ eine erste Gelegenheit, Kreativität zu demonstrieren. Zuletzt führte sie die Gäste schon einmal akustisch ins nahegelegene Schloss von Caserta, an den Hof des letzten Bourbonenkönigs von Neapel.

Im Gegensatz zum sensiblen Einstieg mit Hörerlebnis geht Rosanna Marziale ganz beherzt mit den „heiligen Kühen“ Kampaniens um – der Mozzarella di Bufala und dem selten angebotenen Fleisch des Büffels. Ist es Respekt oder doch eher augenzwinkernde Respektlosigkeit vor den eccellenze ihrer Region wie der Büffelmozzarella, wenn sie den Käse kurzerhand in die Tiefkühltruhe verfrachtet, um ihn dann in gefrorenem Zustand am Tisch über die Pasta zu reiben? Vor den Augen des Gastes schmelzen die eiskalten Flöckchen auf den Spaghetti zu einem cremigen Überzug zusammen, während die Restkälte, die das Käsehäubchen auf den darunter dampfenden Nudeln noch hat, eine sensorische Überraschung erzeugt.