Klima

+++ Klimaticker Februar +++: Packeistiefstand, Passatkälte, Wärmebilanz

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Was macht eigentlich die Apokalypse? Unser Glossenticker mit ernsten Nachrichten zum Klimawandel und ihren (weniger ernsten) Pointen. Ein Update mit dem Packeis-Tiefstand, der (vorläufigen) Lösung der Frage, weshalb der Klimawandel Pause macht, sowie der Temperaturbilanz 2013.

+++ 18. Februar. Einen selten milden Winter erlebt nicht nur Mitteleuropa, sondern auch die Arktis. In den letzten Wochen hat sich der für den Winter übliche Anstieg der Meereismassen dramatisch verlangsamt. Mitte Februar war die Ausdenhnng der Packeisflächen noch niemals so niedrig, jedenfalls nicht, seitdem man die Eisflächen konsequent mit Hilfe von Satelliten registriert. Die Eisausdehnung wurde am 18. Februar auf Bei 14,36 Millionen Quadratkilometer taxiert. Das ist noch unter dem Rekordtiefstand von 2006 (siehe Grafik). Schon im Januar lag die Meereisfläche mit durchschnittlich 13,73 Millionen Qudratkilometer rund 800.000 Quadratkilometer unter dem langjährigen Mittel zwischen 1981 und 2010. Von der Barentssee und dem Ochotskischen Meer, einem Randmeer des Pazifik in Ostasien, meldet die amerikansiche Wetterbehörde NOAA Temperaturanomalien von plus zehn Grad über normal. Ein Großteil der Arktis war die letzten Wochen um zwei bis vier Grad wärmer als im langjährigen Schnitt. Seit den siebziger Jahren sind pro Dekade rund 3,2 Prozent weniger Packeis gemeldet worden. Damit fallen die Rückgänge freilich noch deutlich geringer aus als die Sommereisverluste von mehr als 13 Prozent pro Jahrzehnt. Bemerkenswert sind auch die Verluste an älterem Meereis. Dieser Film der NOAA zeigt den Rückgang seit 1987. Damals war noch knapp ein Viertel des Packeises massiv und älter als vier Jahre. Heute schmilzt das im Winter angehäufte Eis so schnell weg, dass nur noch rund sieben Prozent aus vier Jahre altem oder älterem Eis bestehen.Die nächsten Tage bis zum alljährlichen Höhepunkt der Eisausdehnung im März sollen nicht viel kälter werden als bisher. “Selbst die extreme Kälteperiode über Nordamerika hat nicht verhindert, dass die Temperaturen in der Arktis deutlich über dem Mittelwert der letzten Jahrzehnte lagen“, so die NOAA. Deshalb sei jetzt Europa und Russland gefordert. Die Diplomaten wurden ins Weisse Haus bestellt. Es könne ja nicht sein, heisst es dort inzwischen, dass amerikanische Bürger dauerkratzen und sich wundbibbern, die anderen Großmächte aber Olympische Feste unter Palmen feiern oder wie die Briten durch Selbstversorgung den amerikansichen Weinexport torpedieren. +++

+++ 9. Februar. Die stagnierende Erwärmung seit anderthalb Jahrzehnten ist wahrscheinlich auf verstärkte Passatwinde über dem tropischen Pazifik zurückzuführen. Darauf deuten Beobachtungsdaten und Ergebnisse von 48 Modellexperimenten hin, die der australische Klimaforscher Matthew England von der University of New South Waldes zusammen mit Wissenschaftlern des amerikansichen Klimarechenzentrums vorgestellt hat. Damit wird erneut der von zahlreichen Wissenschaftlern und dem Weltklimarat IPCC inzwischen geäußerte Verdacht bestätigt, dass ein großer Teil der durch den verstärkten Treibhauseffekt absorbierte Energie der Atmosphäre entzogen und in die Tiefen der Ozeane transportiert wird – vorläufig zumindest. England und seine Kollegen haben untersucht, wie dies physikalisch möglich sein soll, wo es doch um gewaltige Wärmemengen geht. Tatsächlich haben sie Hinweise entdeckt, dass sich die tropischen Passatwinde über dem Pazischen Ozean, dem größten und meteorologisch bedeutendsten Weltmeer, seit 2001 verstärkt haben. Sobald die Klima- und Ozeanmodelle so getrimmt werden, dass sie diese verstärkte Windbewegung an der Oberfläche simulieren, führt das zu einer Beschleunigung der Meeresströmungenunter der Wasseroberfläche und einem Auftrieb von kalten Wassermassen aus den Ozeantiefen. Damit wird gleichzeitig das erwärmte Oberflächenwasser in die Tiefe transportiert und gleichsam als Teil des globalen Förderbandes „zwischengelagert“. Etwa 0,1 bis 0,2 Grad Abkühlung soll dieser Effekt bringen, was etwa vier Fünftel des seit der Jahrhundertwende registrierten „Hiatus“ – der Erwärmungspause – ausmacht. Sollten die verstärkten Passatwinde ind en nächsten Jahren anhalten, so schreiben die Klimaforscher in „Nature Climate Change“, könnte die Arretierung der globalen Erwärmung auf dem Temperaturniveau der Phase zwischen 2000 und 2010 bis mindestens zum Jahr 2020 dauern – was einer klimatischen Stagnation ähnlich der Phase zwischen 1940 und 1970 entspräche. „Flauen die Tropenwinde allerdings ab, dürfte die Erwärmung umgehend wieder an Fahrt aufnehmen“, heisst es in der Veröffentlichung. Die Konsequenz liegt auf der Hand: Zwischen Australien und Südamerika wird eine meteorologische Quarantänestation eingerichtet. Jeder Quadratmeter Pazifik wird rund um die Uhr überwacht, die Lebensfunktionen des Organismus Erde hängen davon ab, dass die Passatwinde der lebensspenden Luft nicht sämtliche Körperwärme entziehen, gleichzeitig darf der Komapatient Klimawandel nicht sterben. Ein klimapolitischer Marshallplan für den Pazifik muss her. +++

+++ 5. Februar. Das Jahr 2013 steht zusammen mit 2007 auf dem sechsten Platz in der Liste der wärmsten Jahre. Das hat die Weltmeteorologiebehörde WMO in Genf nach Auswertung der drei globalen Datensätze mitgeteilt. Im Durchschnitt um 0,5 Grad liegt das vergangene Jahr über dem langjährigen, zwischen 1960 und 1990 ermittelten Mittelwert. Damit bestätigt die Wetterbehörde, dass die durch den anthropogenen Treibhauseffekt veschleunigte Erwärmung des Planeten anhält. „13 der vierzehn wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen um das Jahr 1850 fallen damit in das 21. Jahrhundert.“ Die wärmsten Jahre waren 2005 und 2010. Genaueres zur Wetterbilanz 2013 will die Behörde später noch mitteilen – wenn die „Stellungnahme zum Klima 2013“ veröffentlicht wird. Offenbar haben nicht nur die Wetterfröscher genau gerechnet, sondern auch die Lautsprecher der Wetterfrösche. Sie werden ihre dritte Wetterbilanz für 2013 – nach der ersten um die Jahreswende und der aktuell vorläufigen – im März vorlegen. Dann wird auch der Weltklimarat einen weiteren Statusbericht seiner zweiten Arbeitsgruppe vorstellen. Soll niemand mehr behaupten, das Wetter hat nichts mit dem Klima zu tun. +++