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Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy

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Die Polizei hat Wohnung und Büroräume Sebastian Edathys in Niedersachsen durchsucht. Der SPD-Politiker weist den Vorwurf zurück, im Besitz von Kinderpornographie zu sein. Edathy, der sich im NSU-Ausschuss profilierte hatte, hatte am Freitag überraschend sein Bundestagsmandat niedergelegt.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei Durchsuchungen einer Wohnung und von Büroräumen sei Beweismaterial gesichtet und sichergestellt worden, meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Ermittlerkreise.

Der 44 Jahre alte Edathy wies den in Medienberichten erhobenen Vorwurf des Besitzes von Kinderpornographie zurück. „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornographischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr“, erklärte er am Dienstag vormittag auf seiner Facebook-Seite.

Beamte der Staatsanwaltschaft Hannover, des Landeskriminalamtes und der Polizei Nienburg-Schaumburg hatten am Montagnachmittag die Wohnung Edathys in Rehburg am Steinhuder Meer und Büroräume in Nienburg und Stadthagen durchsucht. Darüber hatte zunächst die Nienburger Zeitung „Die Harke“ berichtet. Ihre Meldung, es bestünde der Verdacht, der Politiker besitze „kinderpornographisches Material“, stützte die Zeitung auf Aussagen aus Vorstandskreisen des niedersächsischen Landesverbandes, der am Montag in Loccum tagte.

Staatsanwaltschaft nennt bisher keine Details

Die zuständige Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte die Ermittlungen gegen Edathy, wollte sich aber nicht weiter dazu äußern. „Zum Hintergrund der Ermittlungen kann ich derzeit nichts sagen. Ich gebe keine weiteren Stellungnahmen im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen ab“, sagte Behördensprecherin Kathrin Söfker. Für den Tagesverlauf seien keine weiteren Stellungnahmen und auch keine Pressekonferenz geplant.

Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen gegen Edathy

Edathy kündigt Strafanzeige an

Edathy kündigte in seiner Erklärung an, dass er Strafanzeige erstatten werde aufgrund „der Tatsache, dass bei einer nur auf Mutmaßungen beruhenden gestrigen Hausdurchsuchung in meiner Privatwohnung die Lokalpresse zugegen war“.

Die SPD-Bundestagsfraktion hatte sich noch vor der Erklärung Edathys erschüttert gezeigt. „Die genannten Gründe, Verdacht auf Besitz von Kinderpornographie, sind schwerwiegend“, sagte Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht in Berlin mit Blick auf den Zeitungsbericht. „Ich gebe zu, ich bin zutiefst bestürzt.“

Der Generalsekretär der niedersächsischen SPD, Detlef Tanke, erklärte am Vormittag: „Die gegen Sebastian Edathy geäußerten Vorwürfe wiegen schwer und müssen sorgfältig, schnell und umfassend aufgeklärt werden. Aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens kann es vorerst keine weiteren Stellungnahmen mehr geben.“

Edathy selbst erklärte, er gehe davon aus, „dass die Unschuldsvermutung auch für mich gilt. Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor“.

Rückzug aus „gesundheitlichen Gründen“

Edathy hatte am vergangenen Samstag seinen Rückzug aus dem Bundestag bekanntgegeben. Auf seiner Internetseite teilte er mit: „Ich habe mich aus gesundheitlichen Gründen dazu entschieden, mein Bundestagsmandat niederzulegen. Über diese Entscheidung habe ich am Freitag, 7. Februar 2014, den Bundestagspräsidenten informiert.“ Der Mandatsverzicht war damit sofort wirksam. Weitere Angaben machte Edathy in diesem Zusammenhang nicht. Laut dpa war er als Abgeordneter im Bundestag schon seit Beginn des Jahres krankgeschrieben.

Edathy hatte sich vor allem als Vorsitzender des Bundestags-Untersuchungsausschusses zu den Pannen bei den Ermittlungen zur Mordserie der rechtsextremen NSU Ansehen erworben. Edathy war seit 1998 Mitglied des Bundestags. Sein Rückzug kam völlig überraschend.

Die jüngsten Entwicklungen könnten auch einen kryptischen Gastbeitrag Edathys in der „Tageszeitung“ (taz) erklären. Dort hatte der SPD-Politiker am 28. Dezember 2013 in einem Prosa-Beitrag geschrieben: „Ich muss mich ändern!“

Profiliert im NSU-Ausschuss

Der 1969 in Hannover geborene Sohn eines aus Indien stammenden evangelischen Pfarrers war 1990 in die SPD eingetreten und 1998 in den Bundestag gewählt worden – damals wie bis zuletzt als Direktkandidat seines Wahlkreises Nienburg II-Schaumburg. Von 2005 bis 2009 war er Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses.

Er hatte sich für die Möglichkeit doppelter Staatsbürgerschaften eingesetzt- die indische Staatsbürgerschaft beantragte er nicht. „Was macht mich, der hier geboren wurde, indischstämmig?“, schrieb er vor Jahren in einem Zeitungsartikel.

Von Beginn seiner Tätigkeit im Bundestag an war er mit Themen der Innen- und Rechtspolitik befasst: Einwanderung, Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus. In der vergangenen Wahlperiode verlor seine Fraktion den Vorsitz des Innenausschusses.