Gesellschaft

Strammstehen vor Ursula

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Die neuen Hotspots der deutschen Klatschberichterstattung heißen Mazar-i-Sharif, Mali oder Westsahara. Dorthin begleiten ehrfürchtige Herzblätter die neue Verteidigungsministern wie zu Guttenbergs Zeiten.

Neues Jahr, neue Zeiten für die deutsche Klatschberichterstattung. Nicht mehr Monaco oder Saint-Tropez heißen jetzt die Hotspots, sondern Mazar-i-Sharif, Mali oder Westsahara. Dort nämlich stehen die Bühnen für den derzeit angesagtesten Society-Liebling, für unsere Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die neue Mutter der Kompanie elektrisiert die Boulevardpresse wie Guttenberg in seinen besten Zeiten, und das, obwohl die Ministerin nicht ständig einen strahlenden Partner im Schlepptau hat wie einst „KT“ seine Stephanie. Doch dass sie nun rund 160.000 Männer befehligen darf, das ist ja schon prickelnd genug.

Mit den charmanten Worten „Ich bin jetzt Ihre neue IBuK“ hat sich von der Leyen bei ihren Leuten vorgestellt- wir alten Wehrpflichtflüchtigen hätten da höchstens „E-Book“ verstanden, es bedeutet aber „Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt“. So etwas lernen wir jetzt aus der Bunten, denn auch die fliegt nun mit nach Afghanistan. „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie innerhalb der Bundeswehr sei ihr ein großes Anliegen“, habe die Ministerin auf der Reise nach Mazar-i-Sharif gesagt, freut sich Bunte. „Kein Wort von Krieg oder Einsatz militärischer Kampfgeräte.“ Das ist in der Tat ein neuer Ton in der Truppe, die sich endlich keinen Kopf mehr um den doofen Krieg und all die lästigen Waffen machen muss, sondern sich endlich ihrer eigentlichen Bestimmung widmen darf, welche war das doch gleich?

Schiefgehen sollte jedenfalls nichts mehr, wenn die Soldaten vor ihrer Chefin so strammstehen wie Bunte, die sich selbst beim Frühstücksbuffet ehrfürchtig zeigt: „Diszipliniert: Ursula von der Leyen bedient sich an der Müslibox.“ Wir selbst machen das ja blöderweise immer höchst undiszipliniert, weshalb wir am Ende immer eine ganz wilde Mischung auf dem Teller haben. Dank Bunte wissen wir jetzt auch, dass die Truppe bei ihrer Weihnachtsfeier im afghanischen Feldlager „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ gehört hat. Hoffentlich hat das dort niemand in die Tat umgesetzt, die Taliban hätten sich gefreut.

Muss von der Leyen schon zurücktreten?

Auch andere Blätter widmen der IBuK große Geschichten, aber ach: Sie blasen zum Angriff. „Trauriger Start ins neue Jahr! Ursula von der Leyen – Ehe auf Eis!“, behauptet Die Aktuelle. Gemeint ist natürlich, dass die Ministerin ihren Gatten, unvorteilhaft fotografiert auf der Bundestagstribüne („Der Vater macht schon jetzt einen leicht angeschlagenen Eindruck“), nun noch häufiger mit den Blagen alleinlässt. Andererseits: Wie eigentlich sollte eine Ehe nicht auf Eis liegen, wenn man, wie die von der Leyens, sieben Kinder hat? Wir haben nur zwei, und uns fröstelt es schon gelegentlich. Hoffen wir mal, dass unsere eigene IBuK nicht mitliest.

Noch schwereres Geschütz fährt Das Neue auf: „Skandalöse Enthüllung – Das Neue zeigt das Schock-Foto – Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen – Ihr Sohn liebt Waffen“. Wäre es nicht schlimmer, wenn er sie hasste, fragen wir uns spontan, doch für seine Behauptung hat Das Neue natürlich keinen Beleg. Es zeigt nur ein Facebook-Foto eines Leyen-Sprösslings, der vor James-Bond-Postern mit einem Revolver posiert – als „eiskalter Waffennarr“, wie Das Neue findet, obwohl es sich hier „offenbar“ nur „um eine Softair-Pistole“ handelt, mit deren Plastikkugeln man jemanden höchstens „oberflächlich verletzen“ kann. Ob von der Leyen jetzt trotzdem zurücktreten muss, wissen wir nicht, eine Rolle in einem 007-Film aber bekommt ihr Sohn mit so einem lächerlichen Softair-Ding sicher nicht.

Berlin ist ein heißes Pflaster

Im Neuen Blatt äußern derweil Prominente ihre Wunsche fürs neue Jahr. „Wir möchten, dass alles so bleibt, wie es ist“, erklären die Schlager-Opas Amigos. „Aber was nie fehlen darf: die Gesundheit. Denn was wären wir ohne sie?“ Weil die Frage offenbleibt, möchten wir sie an dieser Stelle gern beantworten: krank. Durchaus noch Verbesserungsbedarf sieht Schauspielerin Eva Habermann: „Kurz nachdem ich nach Berlin gezogen bin, habe ich meinen Traummann Ingo kennengelernt. Ich hoffe, dass unsere Liebe weiterwächst – und ich mehr Sex bekomme.“ Dem öffentlich unter Druck Gesetzten können wir nur zurufen: Dann mal ran, Ingo! Doch er sollte mit Indiskretionen kein Problem haben, er arbeitet bei der Bild-Zeitung.

Dass Berlin ein heißes Pflaster ist, haben Habermanns Kollegin Gerit Kling und ihr Mann erfahren, die den Raubüberfall in einem Berliner Juwelierladen miterleben mussten, wovon Kling erst bei Facebook und dann bei Bunte erzählte: „Nach so einem Erlebnis blickst du anders auf dein Leben. Du denkst: Mensch, dieser ganze materielle Kram, was bringt dir das?“ Wir schätzen mal: Die Räuber werden sich solche Gedanken nicht gemacht haben. Die Polizei kam dann irgendwann auch, und Kling berichtet: „Als die Beamten eintrafen, löste sich bei fast allen der erste Schock, und viele brachen in Tränen aus.“ Da scheint uns dann noch einiges an psychologischer Arbeit vonnöten, wenn Berlins Polizisten so zartbesaitet sind, dass sie am Tatort gleich losheulen.