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Die Freiheit, durch den Wald zu fliegen

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Das Mares CX 1.0 Rapha Edition von Focus ist mit qualitätsvollen Komponenten ausgestattet und sorgt in Cross-Umgebungen für ein herausragendes Fahrgefühl.

Endlich ist er da, der lang erwartete Cyclo-Crosser von Focus. Verpackung aufreißen und – oh Schreck: Pink? Das wird doch nicht am Ende so ein Damen-Bequemrad sein? Beim Herausheben aus dem Karton kommt jedoch erste Freude auf: Das Mares CX 1.0 Rapha Edition ist ein Federgewicht aus Karbon – 7,5 Kilogramm sagt die Waage, gut zwei Kilo weniger als beim eigenen Crosser. Die Grundfarbe des Rahmens ist Schwarz, aber die Teamfarben des Cyclocross Racing Teams Rapha-Focus sind in Schriftzügen auf Rahmen, Ausfallenden, an der Gabel und dem Sattel vertreten – und eben durch pinkfarbenes Lenkerband. Die Radkleidung der Fahrerin ist hauptsächlich rot, der Helm, die Schuhe, die Jacke. Wie soll das denn aussehen – Rot steht ihr, Pink definitiv nicht. Egal, das Mares wird ja nur zum Ausprobieren bewegt, also ab mit ihm in den Taunus.

Crossen abseits der Straße ist eine tolle Alternative zum Rennradfahren – gerade bei Nässe, Kälte und viel Wind. Dank der geländetauglichen Bereifung fühlt man sich auf Waldwegen und auch abseits davon richtig wohl. Auf den 28-Zoll-Karbonlaufradsatz DT Swiss RC 38 Spline sind Schwalbe Rocket Ron Schlauchreifen mit Stollenprofil geklebt. Schlauchreifen bleiben auch bei geringem Luftdruck von Durchschlägen verschont und sind somit wesentlich weniger defektanfällig. Weniger Reifendruck führt zum einen durch bessere Stoßabsorption zu mehr Fahrkomfort und zum anderen zu mehr Grip und besserer Kraftübertragung. Egal ob Laub, Wurzeln, lose Steinbrocken: Die Laufräder bewegen sich bereitwillig über jedes Hindernis und marschieren steif dank der Hochprofil-Felgen messerscharf durch aufgeweichte Böden und Matsch, dass es eine wahre Freude ist. Schrei vor Glück: „Ist das cool!“

Für das Gelände gemacht

Auf Asphalt sind Rollwiderstand und Abrollgeräusche deutlich höher als bei Rennradlaufrädern, aber dort gehört der Crosser ja auch nicht hin: Er ist für das Gelände gemacht, in dem man mal abspringen und mitsamt dem Rad über Hindernisse hinweg muss. Diese Anforderungen spiegeln sich in der Rahmenkonstruktion wider: Das Oberrohr ist ovalisiert und an der Unterseite abgeflacht, Brems- und Schaltzüge sind auf der Oberseite des Oberrohrs verlegt, um das Rad beim Cyclo-Cross während Trage-Passagen problemlos schultern zu können. Die formschöne Brücke im Hinterbau ist nicht nur optisches Detail, sondern trägt im Sitzstrebenbereich zu mehr Steifigkeit bei.

Konsequent ist der Crosser mit hochwertigsten Komponenten ausgestattet: Schalthebel, vorderer Umwerfer – standardmäßig mit Kettenfänger ausgestattet –, Kurbel sowie Schaltwerk gehören zur Sram-Red-22-Gruppe. Die Kettenblätter haben 46 und 36 Zähne und liegen damit genau zwischen Kompakt- und Standardkurbelsatz beim Rennrad. Das 11er-Ritzelpaket hat mit 11 bis 26 eine relativ enge Abstufung. Eine noch kleinere Übersetzung wie am Mountainbike ist für einen Crosser nicht notwendig: Von einer gewissen Steilheit an lässt sich schneller mit geschultertem Rad laufen, als mühsam hochzukurbeln. Die Red-22-Schaltung funktioniert einwandfrei, zuverlässig und spontan auch unter Belastung. Der vordere Umwerfer schiebt die Kette nicht einfach von Kettenblatt zu Kettenblatt: Er hebt sie in einem kleinen Bogen, was ein schnelleres und sauberes Schaltverhalten bewirkt. Während man bei der Shimano-Schaltung mit der Schaltwippe und den seitlich beweglichen Bremshebeln hoch- und runterschaltet, ist das bei Sram mit nur einer Schaltwippe gelöst. Die sitzt unter dem Bremshebel und löst das Hinauf- und Herunterschalten mittels kurzem oder längerem Druck aus. Daher bewegen sich die Bremshebel nicht seitlich, was vor allem in schwierigem Gelände und im Wiegetritt sehr vorteilhaft ist. Auf die von Sram „Double Tap“ genannte Technik muss sich der eingefleischte Shimano-Benutzer erst einstellen, aber nach kurzer Eingewöhnung begeistert die Schaltung durch ihre erstklassige Präzision.

Hervorragende Kraftübertragung

Was die Rahmengeometrie angeht, sind Oberrohr und Steuerrohr kürzer, als man das vom Rennrad kennt. Dadurch ist der Crosser sehr viel wendiger. Die Karbonkonstruktion ermöglicht Leichtigkeit trotz ausgesprochen steifem Rahmen- das BB30-Tretlager rundet diesen Anspruch an Steifigkeit perfekt ab. Dies alles zusammen sorgt für hervorragende Kraftübertragung und vermittelt ein Fahrgefühl, das rundum gefällt.

Bergauf ist somit schon alles vom Feinsten, aber bergab gibt es endgültig kein Halten mehr: Wenn hohe Geschwindigkeit bisher oft durch das Zutrauen in die Bremskraft limitiert war, kann beim Mares davon keine Rede mehr sein: Es verzögert dank hydraulischer Scheibenbremsen. In der Welt des Mountainbikes schon lange bewährt, ist dies System nun auch bei den Cyclo-Crossern angekommen. Es wirkt sich nicht nur positiv auf das zuverlässige Bremsen unter Dauereinsatz aus, sondern sorgt vor allem auch in typischer Cross-Umgebung wie Schlamm und Nässe für standfestes Bremsverhalten unter hoher Belastung und in extremen Fahrsituationen. Endlich darf das Rad mal so richtig laufen, weil sich das hervorragende Bremsvermögen zudem gefühlvoll dosieren lässt.

Selten hat eine Radausfahrt der Fahrerin so strahlende Augen gezaubert, sie ist begeistert, restlos, trotz Schmuddelwetter ein herausragendes Fahrerlebnis. Das pinkfarbene Lenkerband ist vergessen, nebensächlich angesichts der Fahrfreude. Mit dem Mares durch den Wald zu fliegen, das ist Freiheit, so ein Rad möchte frau und man nicht mehr hergeben. Aber als exzellente Komposition hat das Mares CX 1.0 seinen Preis: knapp 5.000 Euro. Das scheint fast ebenso nebensächlich wie die eigenwillige Farbgebung. Der Crosser von Focus ist jeden einzelnen Cent wert.