Eurokrise

Frankreich und Portugal kaufen sich Zeit

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In der Finanzkrise haben viele europäische Staaten ihre Schulden mittelfristig finanziert. Das rächt sich jetzt. In den nächsten beiden Jahren werden Hunderte Milliarden Euro fällig. 

Europäische Staaten wie Portugal oder Frankreich versuchen momentan ihren finanziellen Handlungsspielraum für die nächsten beiden Jahre zu verbessern. Im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 und danach haben diese Staaten ihre expansive Fiskalpolitik verstärkt mit kurz- und mittelfristigen Staatsanleihen finanziert. Einige davon werden nun in den nächsten beiden Jahren fällig, was zu hohen Tilgungsraten führen würde. Dies möchten die Staaten natürlich vermeiden. Portugal verlängerte nun die Fälligkeit von Staatsanleihen im Wert von etwa 6,5 Milliarden um drei Jahre. Auch Frankreich agiert seit Wochen ähnlich, um Druck von seinem Haushalt zu nehmen.

„Grundsätzlich stellt sich das Kapitalmarktumfeld recht positiv dar, da es den Schatzämtern in der Eurozone in Form niedrigerer Finanzierungskosten entgegenkommt“, sagt Daniel Lenz, Analyst der DZ Bank. Die Lage der Staaten hat sich zwar entspannt. Dass mit den teilweise sinkenden Haushaltsdefiziten kein starkes Fallen der Emissionsvolumina von Staatsanleihen einhergeht, ist auf die in einigen Staaten hohen Summen an fällig werdenden Anleihen zurückzuführen, die refinanziert werden müssen. In Italien steigt das Volumen im nächsten Jahr von 163 auf 191 Milliarden Euro, in Spanien werden 68 Milliarden und in Frankreich 174 Milliarden fällig. In Deutschland gehen die Fälligkeiten im Jahr 2014 von 189 auf 144 Milliarden Euro zurück.

Für leichten Wiedereinstieg in Kapitalmarkt

„Prinzipiell ist es sinnvoll die Fälligkeiten der Staatsanleihen gleichmäßig über die nächsten Jahre zu verteilen, um besser gewappnet zu sein, wenn die Renditen wieder steigen“, sagt Lenz. Wie die nationale Schuldenagentur IGCP in Lissabon nun mitteilte, wurden Schuldtitel mit Laufzeiten bis Juni 2014, Oktober 2014 und Oktober 2015 in Anleihen umgewandelt, die erst im Oktober 2017 sowie im Juni 2018 fällig werden. Nach der Transaktion muss Portugal in den Jahren 2014 und 2015 statt rund 27 nur noch gut 20 Milliarden Euro tilgen. Dafür wird die Last in den Jahren 2017 und 2018 größer. Die Anleihen mit Laufzeit bis 2018 werfen 4,87 Prozent ab, im Vergleich zu 3,22 Prozent bei den Papieren mit Fälligkeit im Jahr 2015. Portugal will Mitte 2014 das Rettungsprogramm seiner Euro-Partner in Höhe von 78 Milliarden Euro hinter sich lassen und finanziell wieder unabhängig sein. „Die Chancen sind nun höher, dass Portugal auf eigenen Füßen stehen kann“, sagt Lenz: „Die Fälligkeiten nach hinten zu verlegen, erleichtert dem Land den Wiedereinstieg in den Kapitalmarkt“

Italien hat vor kurzen ebenfalls Anleihen mit kurzer Restlaufzeit zurückgekauft, um die Fälligkeiten zu glätten. Auch Frankreich kauft seine Schulden regelmäßig vor der Fälligkeit zurück, um von aktuellen Marktbedingungen zu profitieren. Kurzfristige Anleihen werden dabei in der Regel durch langfristige ersetzt. Zum einen wollen die Franzosen damit den Finanzierungsbedarf „glätten“, wenn in einem Jahr deutlich mehr Schulden aufgenommen werden als im Vorjahr, wie die französische Schuldenagentur Agence France Tresor (AFT) berichtet. Zum anderen pflegt die Agentur damit für Anleihen mit weniger gefragten Laufzeiten die Liquidität, damit ihr eine Bandbreite von Finanzinstrumenten erhalten bleibt. Einige Analysten glauben, dass Frankreich nun seine Anleihenkäufe verstärken sollte, weil die Zinsen im kommenden Jahr infolge einer Liquiditätsverknappung durch die Federal Reserve steigen könnten.

Griechenland muss 16 Milliarden refinanzieren

Die Investmentbank Natixis rechnet mit einem Zinsanstieg der Zehnjahres-Anleihe bis Mitte 2014 von 2,3 auf 2,5 Prozent. „Durch den starken Schuldenanstieg infolge der Rezession 2009 steht Frankreich vor allem 2015 vor einem Berg fälliger Anleihen“, sagt Pierre-François Gouiffès, Schuldenfachmann und Dozent an der Pariser Universität Sciences Po: „Es ergibt Sinn, diese zu refinanzieren, solange die Zinsen niedrig sind.“

Die AFT will aber nicht bestätigen, dass sie die Schuldrückkäufe verstärkt. Bis September hat die Agentur rund 20 Milliarden Euro an Schulden zurückgekauft – etwa so viel wie im Vorjahr auch. Ende des Jahres werden es rund 23 Milliarden Euro sein, und auch im Jahr 2014 werde es etwa zu diesem Betrag kommen, schätzt Natixis. Anders als Portugal und Italien handelt es sich dabei nicht um einen Schuldentausch, denn die neuen Emissionen erfolgen zeitlich versetzt.

Frankreich muss im Jahr 2014 rund 174 Milliarden Euro an Schulden finanzieren – rund 4 Milliarden Euro mehr als im diesem Jahr. Die Schuldenagentur gibt sich zuversichtlich, dass ihr dies ohne Kostenexplosion gelingen wird. 62 Prozent der französischen Staatsschulden liegen in ausländischen Händen. Die AFT-Manager reisen regelmäßig durch die Welt, um die französische Wirtschaftspolitik zu erklären. Ähnlich wie die Zinsen für Bundesanleihen sind die der französischen Staatsanleihen im Zuge der Finanzkrise gefallen, weil Frankreich als solider Schuldner gilt.

Griechenland, das sich noch unter dem Rettungsschirm der internationalen Geldgeber befindet, muss im kommenden Jahr etwa 16 Milliarden refinanzieren. Den Schritt zurück auf den Kapitalmarkt halten Analysten für nicht realistisch.