Der israelische Ministerpräsident Netanjahu hat die Planungen für 23.000 neue Wohnungen in Ostjerusalem und im Westjordanland vorerst gestoppt. Doch die Friedensverhandlungen bleiben schwierig. In Afula erstach ein Palästinenser einen israelischen Soldaten.
Ein Mordanschlag auf einen israelischen Soldaten und der Streit über den Bau Tausender neuer Wohnungen in den Siedlungen erschweren die Friedensbemühungen in Nahost. Am Mittwochmorgen hat ein 16 Jahre alter Palästinenser in einem Bus in der israelischen Stadt Afula einen israelischen Soldaten mit einem Messer angegriffen. Der Soldat starb kurz darauf an seinen schweren Verletzungen. Man vermute einen „nationalistischen“ Hintergrund, sagte ein Polizeisprecher. Der aus der Gegend der palästinensischen Stadt Dschenin stammende Täter habe seine Attacke mit der Inhaftierung mehrerer Angehöriger in israelischen Gefängnissen begründet.
In Jerusalem wies Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterdessen das Wohnungsbauministerium an, Ausschreibungen für die Planung von rund 23.000 neuen Wohnungen in Ostjerusalem und im besetzten Westjordanland zurückzuziehen. Die amerikanische Regierung hatte sich überrascht und „tief besorgt“ über die Bauvorhaben östlich der Grünen Linie geäußert. Amerika betrachte den Siedlungsbau als illegitim, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats in Washington. Sollten die Pläne in die Tat umgesetzt werden, bedeute das ein Scheitern der laufenden Friedensbemühungen, sagte der palästinensische Präsident Mahmud Abbas.
„Wir planen für die Zukunft“
Nach israelischen Presseberichten ist Netanjahu verärgert über den angeblichen Alleingang des Wohnungsbauministers Uri Ariel. In Netanjahus Umgebung wurde er als „Brandstifter“ bezeichnet. Ariel gehört der nationalreligiösen Partei „Jüdisches Heim“ an, die den Siedlern nahesteht. Ariels Ankündigung schade den Siedlungen, teilte Netanjahu in einer Erklärung mit. Sie führe zu einer „unnötigen Konfrontation mit der internationalen Gemeinschaft“ zu einem Zeitpunkt, an dem alle Aufmerksamkeit darauf gerichtet sein sollte, ein Abkommen mit Iran zu erzielen, das alle nuklearen Aktivitäten Teherans beende.
„Wir müssen uns bei niemandem entschuldigen, wenn wir für die Zukunft planen“, entgegnete Ariel nach Informationen der Zeitung „Jediot Ahronot“. Bei der jüngsten Ankündigung handelt es sich nicht um Baugenehmigungen, sondern um die Ausschreibung der Planung, die dann bis zu sieben Jahre in Anspruch nehmen kann. Wohnungsbauminister Ariel wollte dabei auch die Planungen für 1200 neue Wohnungen in der Siedlung „E1“ vorantreiben, die Jerusalem mit der Stadt Maale Adumim verbinden soll, die ebenfalls östlich der Grünen Linie liegt. Schon Präsident George W. Bush hatte der israelischen Regierung klarzumachen versucht, dass er dieses Projekt nicht hinnehmen werde.
„Das wäre das Ende des Friedensprozesses“
Die gut ein Dutzend verschiedenen Bauvorhaben liegen in oder in der Nähe von bestehenden israelischen Siedlungen im Norden des Westjordanlands, im Siedlungsblock Gusch Ezion südlich von Bethlehem und in Maale Adumim östlich von Jerusalem, einer Großsiedlung, die bereits 40.000 Einwohner zählt.
Sollte Israel an seinen Plänen festhalten, „wäre dies die offizielle Ankündigung des Endes für den Friedensprozess“, hatte der Chefunterhändler von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Sajeb Erakat, gesagt. Abbas habe ihn damit beauftragt, diese Botschaft dem Nahost-Quartett aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, Vereinigten Staaten und Russland sowie der Arabischen Liga zu überbringen. Die Palästinenserführung werde sich möglicherweise auch an den UN-Sicherheitsrat wenden.
Der amerikanischen Außenminister John Kerry hatte Ende Juli die drei Jahre lang blockierten direkten Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang gebracht. Nach mehreren Treffen treten die Gespräche aber derzeit auf der Stelle. Erst vor einer Woche kritisierte Kerry den israelischen Siedlungsbau als „völkerrechtswidrig“ und als Hindernis für den Frieden. Nach palästinensischen Angaben telefonierten Abbas und Kerry am Dienstagabend miteinander.