Ausland

Timoschenko bleibt vorerst in Haft

• Bookmarks: 6


Im ukrainischen Parlament ist die Opposition mit dem Versuch gescheitert, Julija Timoschenkos Haft für eine Behandlung zu unterbrechen. Damit ist eine folgenreiche negative Dynamik in Gang gekommen.

Im ukrainischen Parlament ist der Versuch gescheitert, ein Gesetz zu beschließen, das der inhaftierten Oppositionsführerin Julija Timoschenko eine Haftunterbrechung gewährt hätte. Das Parlament beendete am Mittwoch ohne Abstimmung eine Sondersitzung, die für einen entsprechenden Beschluss anberaumt worden war. Ziel des Gesetzes wäre es gewesen, Timoschenko, die im Gefängnis erkrankt ist, einen Aufenthalt im Ausland zu ermöglichen- sie hätte ihr Rückenleiden dann in Deutschland behandeln lassen können. Die Opposition und die „Partei der Regionen“, welche Präsident Viktor Janukowitsch nahesteht, konnten sich allerdings nicht auf einen gemeinsamen Entwurf einigen.

Die Europäische Union hatte die Freilassung der Oppositionsführerin zur Voraussetzung für die Unterzeichnung eines fertig ausgehandelten Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der Ukraine beim europäischen Gipfeltreffen in Vilnius am 28. und 29. November gemacht. Der gescheiterte Parlamentsbeschluss vom Mittwoch bringt dieses Vorhaben nun in Gefahr, weil von ihm eine Reihe von negativen Stellungnahmen wichtiger Akteure in der EU ausgehen dürften. Das wiederum könnte die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens schließlich unmöglich machen.

Negative Dynamik

Die erste kritische Stellungnahme wurde für den Mittwochabend erwartet – ein lange angekündigter Bericht der beiden europäischen Emissäre in der Ukraine, des früheren Präsidenten des Europaparlaments Pat Cox und des ehemaligen polnischen Präsidenten Aleksander Kwasniewski. Die beiden sollten den Fraktionsvorsitzenden des Europaparlaments über die Fortschritte der Ukraine bei der Erfüllung der Bedingungen zur Assoziierung vorlegen. Da Cox und Kwasniewski aber schon angekündigt haben, dass ohne die Freilassung der Oppositionsführerin ihre Stellungnahme nicht positiv sein könne, wird ein überaus kritischer Bericht erwartet.

Eine negative Stellungnahme von Cox und Kwasniewski dürfte wiederum die Außenminister der EU beeinflussen, die sich bei ihrem Treffen am 18. November mit dem Thema befassen wollen. Einige von ihnen, unter anderen der schwedische Außenminister Carl Bildt, haben schon angekündigt, dass sie ihre Haltung zum Assoziierungsabkommen vom Fall Timoschenko abhängig machen wollen. Die Positionierung der Außenminister wird wiederum die Haltung der EU beim Gipfel in Vilnius prägen. Wegen dieser Verknüpfungen ist mit dem gescheiterten Kiewer Parlamentsbeschluss eine negative Dynamik in Gang gekommen, die nur noch schwer zu unterbrechen sein wird.

Gedämpfte Hoffnungen

Der Fehlschlag vom Mittwoch dämpft Hoffnungen auf eine Freilassung Timoschenkos, die Präsident Janukowitsch zunächst selbst geweckt hatte. Der Präsident hatte angekündigt, er werde jedes Gesetz unterzeichnen, das ihm vom Parlament vorgelegt werde. In den Tagen darauf hat das Parlament (in dem seine Leute die Mehrheit haben) es allerdings versäumt, dieses Angebot zu nutzen, die beiden Lager konnten sich nicht einigen. Am Mittwoch hob Parlamentspräsident Wolodimir Rybak, ein Gefolgsmann Janukowitschs, die eigens anberaumte Sondersitzung mit der Begründung auf, der Gesetzesvorschlag der Opposition sei im zuständigen Ausschuss nicht hinreichend vorbereitet worden.

Frau Timoschenkos Anwalt Serhij Wlasenko sagte dieser Zeitung unmittelbar danach, das Verhalten der Regierung beweise, dass Janukowitschs Leute zur Freilassung der Gefangenen nicht bereit seien. Die Opposition habe dagegen ihre Kompromissbereitschaft dadurch bewiesen, dass sie auf alle Forderungen der Regierung eingegangen sei. Unter anderem hätte sie zuletzt einer Formulierung zugestimmt, der zufolge eine Freilassung zur Behandlung im Ausland Julija Timoschenkos Haft nicht aufheben, sondern nur unterbrechen solle. Das hatten Abgeordnete des Regierungslagers zuvor immer gefordert.