Gesellschaft

„Ein paar Strandkörbe stehen noch draußen“

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Ende November ist die Saison für Strandkorbvermieterin Heidrun Schmidt endgültig vorbei. Im Interview spricht sie über Dauergäste, Halblieger und nächtliche Begegnungen, bei denen sie dezent wegschaut.

Frau Schmidt, Usedom nennt sich zwar gern Deutschlands Sonneninsel. Aber die Saison ist nun wohl doch vorbei, oder?

Ein paar Sonnentage könnte es immer noch geben. 170 Strandkörbe habe ich in meiner Vermietung, ein Dutzend steht zur Zeit noch draußen. Erst Ende November ist endgültig Schluss. Bis dahin holen wir die Körbe nach und nach vom Strand, säubern, streichen und reparieren sie. Über Winter stehen sie in einer Halle, die ich angemietet habe.

Wie war der Sommer 2013 aus Sicht der Strandkorbvermieterin?

Eigentlich eröffnen wir immer zu Ostern. In diesem Jahr fiel das wegen schlechten Wetters aus. Das ganze Frühjahr war kalt und nass. Dafür war der Hochsommer sehr schön. Unterm Strich ist ohnehin jedes Jahr ungefähr gleich. Ich kann das beurteilen, ich mache das schließlich schon 16 Jahre lang.

Wie wird man Strandkorbvermieter?

Indem man sich eines Nachts dazu entschließt, es zu werden. Jedenfalls war es bei mir so. Ich hatte vorher eine Tanzbar in Heringsdorf. Dann kam meine Tochter auf die Welt, und ich wollte nicht mehr die Nacht zum Tag machen müssen. Das war 1997. Ich habe dann von der Gemeinde Heringsdorf Flächen am Strand gepachtet. Sie liegen zwischen den beiden „Kaiserbädern“ Heringsdorf und Ahlbeck. Nach und nach kam mehr Service dazu, ein Imbiss mit Sonnenterrasse. Außerdem bauen wir jedes Jahr zwei Volleyballfelder am Strand auf. Inzwischen habe ich vier Angestellte.

Gibt es bei Strandkörben auch so etwas wie Dauergäste?

Oh ja. Bestimmt die Hälfte meiner Kunden mietet zum Urlaub gleich den Strandkorb dazu. Gibt ja auch Rabatt. Aber natürlich kann man auch für Stunden oder für einen Tag buchen. Bei schönem Wetter im Hochsommer freilich sind garantiert alle Körbe besetzt.

So ein Strandkorb ist ja eine merkwürdige Mischung aus Öffentlichkeit und Intimität. Gibt es einen Mindestabstand zwischen den Körben?

Der Abstand sollte schon drei bis vier Meter betragen, damit die Nutzer den Korb auch mal mit Sonne und Wind drehen oder ein Stück weitertragen können. Manchmal sieht es am deutschen Strand so aus, als stünden die Strandkörbe wie eine Armee von Zinnsoldaten. Wir versuchen das zu vermeiden. Bei mir stehen die Körbe locker in drei Reihen. Die Reihe zu den Dünen hin wird gern von den älteren Gästen genutzt, weil es dort nicht so laut ist. Die nahe zum Wasser stehenden Körbe sind beliebt bei den Familien, damit es die Kinder nicht so weit haben zum Baden und zur Kleckerburg.

Dauermieter könnten sogar die Nacht im Korb verbringen?

Das wäre aber doch etwas unbequem. Freilich finden wir bei unseren gelegentlichen nächtlichen Kontrollen den einen oder anderen Korb von Pärchen besetzt.

Da stören Sie dann aber sehr.

Ich schaue dezent weg und kontrolliere trotzdem.

Woher beziehen Sie Ihre Strandkörbe?

Sozusagen von um die Ecke. Wir haben in Heringsdorf gleich zwei Hersteller. Seit 1933 werden in unserem Seebad Strandkörbe geflochten. Übrigens auch die für die Nordsee.

Da gibt es einen Unterschied?

Aber ja. Die Körbe an der Nordsee sind eckiger, kompakter. Und einige Modelle erlauben eine 90-Grad-Neigung. Man kann also richtig darin liegen. Die Körbe an der Ostsee sind gewölbter. Sie betonen ihre Kurven und sind bis zu 55 Grad als „Halblieger“ verstellbar.

Seit wann gibt es Strandkörbe?

Seit 1882. Da baute der Warnemünder Korbmacher Wilhelm Bartelmann auf Bitten einer rheumatischen Dame den ersten Strandstuhl. Und die erste Strandkorbvermieterin war 1883 Bartelmanns Frau Elisabeth. Gleich neben dem Warnemünder Leuchtturm. Heute ist das bestimmt eine Goldgrube.

Was macht eine Strandkorbvermieterin im Winter?

Reisen. Durch die ganze Welt, vier bis sechs Wochen lang. Nach Australien, Amerika, Thailand. Dorthin, wo Sommer ist. Nach einer Saison mit Vierzehn-Stunden-Tagen habe ich mir das auch verdient, oder?

Und da liegen Sie dann auch mal faul im Strandkorb.

Anderswo auf der Welt gibt es keine Strandkörbe. Die sind eine deutsche Angelegenheit geblieben. Schon am polnischen Strand in unserer unmittelbaren Nachbarschaft von Swinemünde sind es deutlich weniger Körbe als bei uns.