Wirtschaft

„Wir sind ein starkes Exportland und stolz darauf“

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Amerika kritisiert die hohen deutschen Exportüberschüsse. In der Union stößt das auf Unverständnis. Die SPD argumentiert dagegen ähnlich wie Washington und will die Binnennachfrage in Deutschland stärken.

Der Dauerstreit zwischen Washington und Berlin über die Exportstärke und Wirtschaftspolitik Deutschlands wird schärfer. Die Kritik an den andauernd hohen Exportüberschüssen Deutschlands stößt bei Unionspolitikern auf wenig Verständnis. Vorschläge, Deutschland solle beim Export auf die Bremse treten, könne er „auf gar keiner Weise nachvollziehen“, sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter am Donnerstag am Rande der Koalitionsverhandlungen. „Die Kritik ist nicht nachvollziehbar“, hieß es auch im Wirtschaftsministerium.

Das amerikanische Finanzministerium hatte zuvor in einem Bericht für den amerikanischen Kongress beklagt, Deutschland schade mit seiner übermäßigen Exportorientierung der wirtschaftlichen Stabilität in Europa in der Welt. Zudem wird darin gefordert, Deutschland müsse die Inlandsnachfrage ankurbeln.

“Ich kenne diesen Bericht nicht, aber die Debatte ist auf internationaler Ebene bekannt“, sagte Kampeter. „Wahr ist, dass wir auf europäischer und auf globaler Ebene darauf drängen, dass diejenigen Staaten, die Ungleichgewichte beklagen, durch ein Mehr an Wettbewerbsfähigkeit einen Beitrag dazu leisten, dass der Euroraum insgesamt wettbewerbsfähiger ist und die weltwirtschaftliche Entwicklung insgesamt positiver läuft.“

Die Co-Vorsitzende der Koalitionsverhandlungsgruppe Wirtschaft, Ilse Aigner, forderte, jedes Land müsse versuchen, möglichst wettbewerbsstark zu sein. „Wir sind ein starkes Exportland schon immer gewesen und stolz darauf“, sagte die CSU-Politikerin. Die hohe Exportfähigkeit sei auch für viele Arbeitsplätze wichtig.

Dagegen plädierte der SPD-Politiker Hubertus Heil ähnlich wie das amerikanische Finanzministerium für mehr Wachstumsimpulse in Deutschland aus dem Inland. „Die Aufgabe, die wir national wahrnehmen müssen, ist die Binnennachfrage in Deutschland zu stärken“, sagte er. Das bedeute auch eine angemessene Lohnentwicklung.

Zudem müsse für mehr Investitionen im Inland gesorgt werden. Das ändere aber nichts daran, dass man eine hohe Wettbewerbsfähigkeit für deutsche Produkte und Dienste halten wolle und müsse, um in der Welt erfolgreich zu sein.

Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, nennt die amerikanischen Vorwürfe Unsinn und falsch. Der Handelsüberschuss behindere keine Neuordnung in der Eurozone. Dort sei der deutsche Überschuss von fast 5 Prozent in der Zeit vor der Pleite der amerikanischen Bank Lehman auf zwei Prozent gesunken: „Das ist eine wesentliche Anpassung.“ Deutschland sei einfach ein wettbewerbsfähiger Standort, habe vor Jahren Reformen umgesetzt und verfüge heute über einen ausgeglichenen Haushalt.

Beim Industrieverband BDI hieß es: „Die Exportstärke Deutschlands ist das Ergebnis von innovativen Produkten, die in der ganzen Welt beliebt sind und gekauft werden.“ Auch die Industrie in den anderen EU-Staaten profitiere von deutschen Exporterfolgen. So steigen laut BDI die Vorleistungsexporte der EU-Partner um neun Prozent, wenn die gesamten deutschen Ausfuhren um zehn Prozent zulegen.