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Der stille Erfolg der Netzhersteller

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Seit dem „Phantomtor“ in Hoffenheim diskutieren Fußballfans über die Qualität der Netze. Die Branche der Netz-Hersteller ist verschwiegen.

Stefan Kießling köpft daneben, dreht sich ungläubig weg – doch plötzlich zappelt der Ball im Netz. Die Diskussion über das sogenannte „Phantomtor“ im Fußballkrimi Hoffenheim–Leverkusen am vergangenen Freitag reißt nicht ab. „Die haben so viel Geld ausgegeben für das Stadion. Kleiner Tipp: Das nächste Mal richtige Netze kaufen“, ätzte Rudi Völler nach dem Spiel. Doch das ist nicht ganz korrekt: Hoffenheims Netz war löchrig- billig war es nicht. Ralph Link zufolge hat es mehr als 100 Euro gekostet.

Link muss es wissen, er arbeitet für den Böblinger Sportgerätehändler Hornung, der Hoffenheim ausstattet und den VfB Stuttgart, FC Bayern und 1. FC Nürnberg zu seinen Stammkunden zählt. Die Tornetze liefert die Manfred Huck GmbH aus dem hessischen Aßlar, die auch das Hoffenheim-Netz hergestellt hat. Huck ist einer der größten deutschen Anbieter von Sport- und Industrienetzen, viele Zwischenhändler kaufen ausschließlich dort. Größter Konkurrent ist die Bruno Dost GmbH aus Lübeck, ebenfalls ein altes Familienunternehmen.

Die Kunden sind treu

Die Netz-Gemeinschaft ist eingeschworen – und sie ist verschwiegen. Bei Dost, dessen Netze unter der Marke „Donot“ vermarktet werden, spricht man gar nicht mit der Presse. „Kein Interesse“, lässt Geschäftsführer Ferdinand Dost seine Sekretärin ausrichten. Bei Huck ist es ähnlich. Geschäftsführer Stefan Huck ist zwar telefonisch erreichbar, stellt aber schnell klar: „Wir wollen nicht, dass ein Bericht über uns erscheint.“ Warum, das verrät er nicht. Nur so viel: Der Markt sei doch relativ unbedeutend.

Das könnte eine Untertreibung sein. Zwar existiert keine Erhebung zum Umsatz der Netzhersteller, die Marktgröße lässt sich aber grob abschätzen. Händler Link zufolge benötigt jeder Fußballverein mindestens zwei Netze pro Jahr und Platz. Diese kosten, abhängig von Farbe und Muster, zwischen 40 und 160 Euro. Geht man von einem Durchschnittspreis von 100 Euro aus und von vier Plätzen je Verein, so haben allein die mehr als 25.000 im Deutschen Fußball-Bund organisierten Vereine einen jährlichen Anschaffungsbedarf in Höhe von 20 Millionen Euro. Hinzu kommen Bestellungen nach Vandalismus: „Uns rufen jeden Samstag Vereine an, denen die Netze freitagnachts zerschnitten worden sind und die vor dem Spiel schnell Ersatz beschaffen müssen“, erzählt Link. Freilich brauchen nicht nur Fußballvereine Netze. Nimmt man die 4500 deutschen Handball- und knapp 10.000 Tennisclubs hinzu, nicht zu sprechen von den vielen Volleyball-, Badminton- oder Wassersportvereinen, so erscheint der Markt plötzlich gar nicht mehr so unbedeutend.

Und die Kunden sind treu. Unternehmer Stefan Huck zufolge handelt es sich bei 80 bis 90 Prozent der Freizeitnetzbestellungen um „Ersatzbedarf“. Huck produziert in Europa: Die Fasern kommen aus Heidenau bei Dresden, weiterverarbeitet wird am Stammsitz in Aßlar und in Tschechien, je nach gewünschtem Einsatzort. Die Geschäfte laufen gut: Aktuell feiert man in Aßlar das 40-jährige Jubiläum, sieht sich auf einem Höhepunkt der Firmengeschichte.

Jedoch, die rosigen Zeiten könnten bald vorbei sein. Cornelia Hesse ist Mitglied der Geschäftsführung beim Münsteraner Sportgerätebauer Schäper. Auch Schäper beziehe die Netze für seine Tore zu 90 Prozent bei Huck, erklärt sie, beim Marktführer stimme die Qualität. Doch Hesse verrät auch, dass der Konkurrenzdruck auf dem Netzmarkt zunimmt. Ausländische Hersteller drängten nach Deutschland. Auf der Freizeit-, Sport- und Bädermesse FSB, die diese Woche stattfand, stammten 22 von 30 Ausstellern aus dem Ausland, allein fünf Unternehmen aus Indien. Hesse hat dort schon einmal geordert, das Ergebnis war jedoch enttäuschend: „Die Muster sind super, die eigentliche Ware lässt aber zu wünschen übrig.“ Doch es gebe auch Anbieter mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis, etwa Howitec aus Bolsward.

Howitec-Vertriebsleiter Anton Hulsegge ist nicht so schweigsam wie seine deutschen Kollegen: Der Umsatz steige, vor allem in Nordeuropa. „Deutschland ist für uns ein Wachstumsmarkt.“ Kunden schätzten an Howitec den schnellen Service und die gute Kommunikation. Hier hätten deutsche Hersteller Nachholbedarf. Das sei eine Chance für neue Anbieter, sagt Hulsegge.