Die Atmosphäre der Sonne ist viel heißer als ihre Oberfläche. Forscher der Nasa glauben, dass die Energie für die Aufheizung in ineinander verflochtenen Magnetfeldern herrührt, die sich plötzlich entflechten.
Seit Jahrzehnten rätseln Wissenschaftler über ein paradoxes Phänomen auf unserem Gestirn. Wie kommt es, dass die Atmosphäre der Sonne, die sogenannte Korona, einige Millionen Grad heiß ist, während auf der Sonnenoberfläche eine Temperatur von nur rund sechstausend Grad herrscht? Und woher stammt diese Energie? Eine mögliche Erklärung lieferten amerikanische Forscher vor einigen Jahren. Sie hatten Plasmawellen aus ionisiertem Gas entdeckt, die von der Sonnenoberfläche aufstiegen und so Energie in die Korona transportierten. Andere Wissenschaftler glauben, dass auf der Sonne gewaltige magnetische Wirbelstürme herrschen, die Teilchen und Energie in die Korona befördern.
Doch diese Effekte sind allein wohl nicht stark genug, um die hohe Temperatur der Sonnenatmosphäre vollends erklären zu können. Jetzt haben Forscher der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa einen weiteren Mechanismus aufgetan. Jonathan Cirtain vom Marshall Space Flight Center in Alabama und seine Kollegen haben auf neuen Aufnahmen von der Sonne (siehe Video) auffällige verdrillte Strukturen in einer aktiven Region der Korona entdeckt, die sie als miteinander verflochtene Magnetfeldlinien interpretieren. Wenn sich diese entflechten, so die Forscher in der Zeitschrift „Nature“ (Bd. 493, S. 501), würde viel magnetische Energie freigesetzt, wodurch sich die Korona auf mehrere Millionen Grad aufheizen könnte.
Die Aufnahmen, auf die sich Cirtain und seine Mitarbeiter beziehen, stammen von einer hochauflösenden Kamera, die mit einer Höhenforschungsrakete der Nasa im vergangenen Jahr in eine Höhe von rund 270 Kilometern transportiert wurde. Die Mission dauerte zwar nur rund zehn Minuten, bevor der „High Resolution Coronal Imager“ wieder wohlbehalten auf der Erde landete. Die Zeit im „All“ – rund fünf Minuten – genügte aber, um eine Serie von hochauflösenden Bildern der Sonnenkorona im ultravioletten Spektralbereich zu schießen. Darauf sind Details zu erkennen, die nur 150 Kilometer messen. Dabei handelt es sich nach Aussagen der Forscher um die bislang schärfsten Aufnahmen der Sonmenkorona.